Ich stehe vor einem Bären. 😓 Was nun? 😟
Der Adrenalinausstoss ist immens – von mir und vom Bären. Die einen sagen, Du musst Dich wehren, die anderen wiederum finden die Taktik des „Sich-Tot-Stellen“ vorteilhafter. Egal, mit dem Messer musst Du direkt in die Kehle stechen, dann hast Du Deine Trophäe. Und seid ja vorsichtig mit den Bären in Alaska, dort passieren so viele tödliche Unfälle.
Nix da – vieles ist falsch oder verkehrt dargestellt.
- Fakt ist als Erstes: es passieren mehr Unfälle mit Elchen (geschweige von Autounfällen) als mit Bären; die einheimische
Bevölkerung hat daher mehr Respekt vor Elchen.
- Zweitens: eine Bärenbegegnung endet in beinah allen Fällen friedlich für beide Parteien.
- Und Drittens: verhält man sich bei der Begegnung mit der entsprechenden Bärengattung falsch, so kann das fatale Folgen
haben.
Also das Ganze der Reihe nach.
Sehr relevant, welchem Bären ich gegenüberstehe
Es gibt in den USA und in Kanada drei Bärentypen: der Eisbär (den lass ich in meinen Ausführungen aus), der Braunbär und der Schwarzbär:
- der Grizzly oder Kodjakbär ist auch ein Braunbär
- der Braunbär kann auch schwarz oder grau bis blond oder eben braun sein
- der Schwarzbär kann auch braun oder eben schwarz sein
Unabdingbar ist daher die korrekte Erkennung der Bärengattung, denn das Verhalten dieser Bären ist unterschiedlich und sie reagieren unterschiedlich auf das Verhalten des Gegenübers. Und zu unterscheiden ist auch ein gesunder von einem kranken Bären denn für kranke Bären gilt nur eine Regel: dieser ist meist auf Futtersuche, was für mich in diesem Moment ungesund ist.
Dem Braunbär begegnet man eher auf offenen Flächen, der Schwarzbär ist eher in Wäldern zu finden. Zudem ist der Schwarzbär in der Überzahl.
Wie unterscheide ich die Bärengattung
Die Farbe des Fells ist – wie oben ausgeführt – kein Hinweis auf die Bärengattung, eben mit der Ausnahme des weissen Fells des Eisbären. Daher gelten folgende Merkmale für die korrekte Bestimmung:
- Der höchste Punkt am Körper
- Schwarzbär: weit hinten, weit von der Schulter entfern
- Grizzlybär: direkt hinter den Schultern
- Das Profil des Schwarzbären ist eine gerade Linie von der Nase zur Stirn. Die älteren
Grizzlybären haben eine konkave Gesichtform.
- Die Krallen
- Schwarzbär: an der Vorderpfote dunkel, gekrümmt und ungefähr halb so lang wie
ihre Finger
- Grizzlybär: an der Vorderpfote mit wenig Krümmung und etwa so lang wie ihre
Finger
Der Schwarzbär
- obwohl dieser der kleinere Bär ist, ist er dennoch wesentlich stärker und schneller als jeder Mensch
- Männchen wird bis zu 135 Kg / Weibchen bis zu 70 Kg schwer
- leben meist in bewaldeten Gebieten und sind
ausgezeichnete Kletterer, und haben daher kürzere
Krallen
- seine Nahrung kann bis zu 90% aus Pflanzen bestehen;
Beeren sind überlebenswichtig (wenn die Ernte gering ist
oder die Beeren noch unreif sind, sucht der Bär überall
nach Futter, auch bei den von Menschen geschaffenen
Futterquellen)
- wenn er sich bedroht fühlt, sucht dieser üblicherweise
den Schutz des Waldes auf und vermeidet eine Konfrontation
Der Grizzlybär:
- ist eines der kräftigsten Tiere in Nordamerika
- hat gewöhnlich den ausgeprägten Buckel auf den
Schultern und die Krallen der vorderen Tatzen sind lang
zum Graben
- Männchen wird bis zu 250 Kg / Weibchen bis zu 150 Kg
schwer
- Lebensgebiet rangiert von Flusstälern bis zu offenen
Berghängen, bewohnen eher offene alpine Gebiete und
Tundra (leben aber heute auch bereits in bewaldeten
Gebieten)
- Grizzly neigen eher zur Verteidigung, wenn sie sich
bedroht fühlen
- ernährt sich meist vegetarisch oder von Kleinwild
Mythen, Mythen ...
- Gefütterte Bären sind zahm -> falsch, denn gefütterte Bären können gefährlicher sein als wild lebende, weil sie erwarten, von
Menschen gefüttert zu werden
- Schwarzbären sind nicht gefährlich –> falsch, denn Schwarzbären sind genauso gefährlich für Menschen und Eigentum wie
andere Bären
- Bären können nicht bergab rennen –> falsch, denn Bären sind sehr gelenkig und können schnell bergab rennen (Bären sind
auch gute Kletterer)
- Alle Bärenangriffe sind Raubzüge –> auch falsch, denn Attacken sind entweder ein Raubzug oder dienen zur Verteidigung. Die
meisten lebensbedrohenden Angriffe von Schwarzbären sind Raubzüge während die meisten Attacken von Grizzlybären
Schutzverhalten sind
- Bären sind langsam -> total falsch, denn Bären können kurze Strecken mit hoher Geschwindigkeit zurücklegen
- Bären können nicht schwimmen -> grosser Irrtum, denn Bären sind ausgezeichnete Langstreckenschwimmer
Das heisst: nicht davonrennen, nicht auf einen Baum klettern in der Meinung der Bär wartet unten, nicht in einen See springen mit der Hoffnung der Bär könne nicht schwimmen und erst gar nicht füttern!
Mein Verhalten gegenüber Bären
Ich will den offiziellen Stellen nicht vorgreifen – beim Besuch von Bärenland soll sich jeder bitte unbedingt selber informieren. Ein Satz aus all den Broschüren ist mir geblieben, denn dieser stellt für mich die Gretchenfrage – was nun?
„Wenn der Bär angreift, haben Sie zwei Möglichkeiten: entweder Sie stellen sich tot, oder Sie wehren sich. Die richtige Entscheidung hängt davon ab, ob der Bär meint sich verteidigen zu müssen oder ob er Nahrung sucht“.
Was nun?
Hier sei angebracht – die falsche Entscheidung kann eben die bereits erwähnte fatale Folge haben. Bereits die erste, komplett falsche Entscheidung ist ein allfälliges Davonrennen vom Bären.
Zur Selbstverteidigung haben wir uns einen Bärenspray zugelegt. Denjenigen, welche einen Pfefferspray bevorzugen da dieser viel kleiner und günstiger ist, sei davon abgeraten - keine Chance. Übrigens – Pfeffer- oder Bärenspray haben einen attraktiven Geruch für den Bären; daher ist vom präventiven Einsatz (zum Beispiel Einsprayen der Kleidung) oder das Üben der Handhabung im Bärengebiet nicht sinnvoll, sondern ganz und gar kontraproduktiv. Und wenn eine Schusswaffe eingesetzt werden soll, dann aber nur eine mit richtig grossem Kaliber und mit viel Übung in der Handhabung und Treffsicherheit. Ansonsten haben sich die Chancen zur Abwehr eines Angriffs noch mehr verschlechtert, denn ein verletztes Tier macht die Situation noch gefährlicher.
Und nach der Theorie?
Auch wenn ich nun alles über mein Verhalten und dasjenige des Bären gelernt habe und dann aber wirklich zum ersten Mal frei und ohne Schutz des Autoblechs vor einem Bären stehe – auch wenn dieser 100 Meter entfernt ist - so bleibt mir der Atem trotzdem so richtig stehen. Dies ist mir und Marita im Jasper Nationalpark auf einer Wanderung geschehen. Und ob ich mich dann wirklich richtig verhalte – Adrenalinausstoss beim Menschen heisst u.a. auch: davonrennen – und mich dazu noch richtig entscheide oder sogar mich im äussersten Falle auch noch mit gespreizten Beinen auf den Bauch lege und mich Tod stelle (aber nur kurz bevor mich der Bär berührt da er mich ansonsten noch mit leichter Beute verwechseln könnte; berühren wird der Bär mich in jedem Falle zur Prüfung, ob ich auch wirklich tod und ungefährlich bin … oder eben zum fressen) ... naja, das ist auf einem anderen Blatt geschrieben. Unbedingt zu erwähnen ist nochmals: auch unsere Begegnung mit dem Bären ist ohne Probleme abgelaufen – der Bär ist einfach davongerannt; wahrscheinlich so wie in den meisten Fällen. Und was ist geblieben? Kein Bild da es zu schnell ging, aber eine tolle Geschichte für uns zu erzählen ;-)
Aber eines ist sicher – man soll keine Angst vor Bären haben, sondern den nötigen grossen Respekt vor ihm. Es gibt auch Touristen, welche diese Regeln missachten und mal schnell ein Selfie von sich und dem Bären machen; nur war das dann für einen Touristen das letzte Foto von sich gewesen, so sei es letztes Jahr geschehen. Und die Ausland-Schweizerin, welche tragischerweise im Haus von einem Bären angegriffen und tödlich verletzt wurde, wurde von einem kranken Bären angegriffen, zahnlos und daher wohl hungrig.
Elche sind gefährlicher als Bären – von denen sei wirklich gewarnt. jh
PS:
- meine Darstellung ist eine freie Zusammenfassung aller gelesenen Broschüren aus Amerika und Kanada zum Thema Bären, d.h. die Quellen gehören den offiziellen Staatsstellen; die Informationen sind zum Teil unterschiedlich zwischen Staaten in den USA und Staaten von Kanada
- die Fotos sind aber alle von uns