Endlose Küsten Kanadas

Juni 2024

Wir folgen dem Sankt-Lorenz-Strom bis hin zum Atlantik. Dabei entdecken wir Leuchttürme, genießen frischen Hummer und lernen Französisch.

Fahrstrecke

Quebec: Quebéc - Pointe-au-Père - Cloridorme - Cap-des-Rosiers - Cap Gaspé - Gaspé - Rocher Percé 

New Brunswick: Campbellton - Big Shippagan Lighthouse - Parc Ile-aux-foins - Shediac

Nova Scotia: Stonehenge NS - Fundy Discovery Site - Fundy Tidal Interpretive Centre - Burntcoat Head Park - Wolfville - Kentville - Sandy Cove Beach - Balancing Rock Trail - Lunenburg - Mahone Bay - Chester - Swiss Air Flight 111 Memorial Site - Peggy’s Cove - Rainbow Haven Provincial Park - Halifax - Crystal Crescent Beach Provincial Park - Big Tancook Island - The Bluff Wilderness Hiking Trail - Grand Desert Beach


Gefahrene Kilometer:     3´140 Km

Zeitzone:                                 MESZ -5 Std.

Québec in Quebec


Immer wieder haben uns Menschen schwärmerisch von der wunderhübschen Stadt Québec erzählt. Seit unserem Besuch gehören jetzt auch wir zu den Fans dieser Stadt und empfehlen jedem bei Gelegenheit Québec ebenfalls zu besuchen. Aber was macht den Charme dieser Stadt aus?


Québec sieht irgendwie aus wie ein Stück Europa, das in Kanada verloren gegangen ist. Das alte auf einem Hügel thronende Stadtzentrum ist so alt, dass seine antike Stadtmauer viele historische Geschichten erzählen könnte - vorausgesetzt man versteht Französisch, natürlich! Nicht umsonst ist das mit vielen Kopfsteinpflastern bestückte Vieux-Québec ein UNESCO-Weltkulturerbe. 


Das wohl meist fotografierte Gebäude der Stadt ist das Château Frontenac, ein prächtiges Hotel das aussieht, als ob es direkt aus einem Disney-Film entsprungen wäre. Während unserer Stadtbesichtigung gibt hier eine Militärkapelle ein Standkonzert, was mich (Marita) als ehemalige Blasmusikerin total begeistert. 


Die Stadt Québec liegt übrigens am majestätischen Sankt-Lorenz-Strom, der so groß ist dass er manchmal denkt, er wäre ein Meer. Vielleicht macht er deshalb den Gezeitenwechsel mit Ebbe und Flut so fleißig mit.


Fakt ist, die Stadt Québec hat es uns sehr angetan. Nicht nur die Architektur und Geschichte, nein auch die Menschen die hier leben bleiben uns in positiver Erinnerung. Bei dieser Gelegenheit vielen Dank nochmal an den Busfahrer, der uns drei gratis ins Stadtzentrum mitgenommen hat, nur weil uns das passende Kleingeld gefehlt hat.

Fahnen und Symbole


Nachdem wir Ende Mai die Provinzgrenze zu Quebec überquert haben, begleitet uns stets die blau-weiße „Fleurdelisé“. Die Flagge zeigt ein weißes Kreuz auf blauem Hintergrund, in dessen Quadranten sich je eine weiße Lilie befindet, eben die Fleur-de-Lis. Diese Lilien symbolisieren die französischen Wurzeln und das kulturelle Erbe der Provinz. Die Flagge ist somit ein Zeichen der Identität und des Stolzes der Quebecer. 


Im weiteren Verlauf unserer Reise durch die Provinzen New Brunswick und Nova Scotia kommen zwei weitere von uns häufig gesichtete Flaggen dazu.


Da ist zum einen die Flagge der Acadier. Sie sieht aus wie die französische Trikolore, jedoch mit einem besonderen Akzent. In der oberen linken Ecke des blauen Streifens ist ein goldener Stern platziert, der Stella Maris. Dieser Stern repräsentiert die Schutzpatronin der Seeleute und Fischer, sowie den Glauben und die Hoffnung der Acadier.

Aber wer sind denn nun die Acadier? Die Acadier sind eine Bevölkerungsgruppe, die ursprünglich in der Region Akadien siedelte. Akadien umfaßt die heutigen Provinzen Nova Scotia, New Brunswick, Prince Edward Island sowie Teile von Québec und Maine (USA). Die Akadier stammen von französischen Siedlern ab, die sich im 17. Jahrhundert in dieser Region niederließen. Sie entwickelten eine eigene kulturelle und sprachliche Identität, die sich von der der französischen Kolonisten in Québec unterschied.


Eine weitere Fahne die auffällt, ist die der „Mi‘kmaq“. Die Mi'kmaq sind ein indigenes Volk, das im Osten Kanadas und in den angrenzenden Gebieten der Vereinigten Staaten lebt. Dieses Volk ist widerstandsfähig mit einer reichen kulturellen Tradition und einer starken Verbindung zu ihrem Land und ihrer Geschichte.

Die Flagge zeigt ein rotes Kreuz auf weißem Grund. Links vom Kreuz befindet sich ein roter Halbmond, rechts ein roter Stern.


Nebenbei bemerkt: Auf unserer bisherigen Reise lernen wir eine Mi‘kmaq-Frau kennen. Sie hat bunte Haare, raucht und lallt. Warum nur haben wir bzgl. unserer Vorurteile wieder ein Déjà-vu…?

Auf, auf in den einsamen Osten


… so denken wir zumindest, als wir von Quebec entlang des Sankt-Lorenz-Strom in Richtung Gaspésie-Halbinsel aufbrechen. Wir rechnen damit dort nur wenig Infrastruktur anzutreffen und dementsprechend füllen wir vorsorglich unsere Vorräte und die Tanks. Wir fahren vorbei an schönen Stränden, an unzähligen Leuchttürmen, sogar ein ausrangiertes U-Boot inklusive Museum liegt auf unserem Weg. Aber einsam… einsam wird es tatsächlich nie. Ganz im Gegenteil, unsere Vorstellung von menschenleeren Gegenden wird völlig über den Haufen geworfen. Der Küste, bzw. der Straße entlang gibt es stets Häuser und dank der jeweils ausgestellten Fahne weiß man auch gleich welches Volk hier zuhause ist. 



Überrascht werden wir einmal von einer schweizer Fahne. Wir stoppen, legen den Rückwärtsgang ein, steigen aus und klingeln an der Haustür. Uns öffnet eine freundliche Frau, die in der Provinz Ontario aufgewachsen ist. Sie erzählt uns stolz von ihrem längst verstorbenen Großvater, der vor Jahren aus der Schweiz nach Kanada ausgewandert ist. Ah, daher die Fahne. Ja, und auch um den Nachbarn eins auszuwischen…

Wenn wir entlang der Küsten schon keine Einsamkeit finden, dann doch wenigstens gut organisierte Parks mit herrlichen Wanderwegen und gute Stellplätze für die Nacht, die teilweise mit hochgradig kitschigen Sonnenuntergängen gespickt sind. Das relativiert doch so einiges.


Nachdem wir die französisch sprechende Provinz Quebec verlassen, erreichen wir das offiziell zweisprachige New Brunswick. Die Lage ändert sich auch hier nicht. Wir entdecken viele Leuchttürme, gute Stellplätze und sehen unmengen an Acadier- und Mi‘kmaq-Flaggen, aber die wirkliche Einsamkeit finden wir nicht.

Hummer essen in Shediac


Unter anderem führt uns der Weg ins Städtchen Shediac, nämlich der Welt-Hauptstadt des Hummers. Jan und ich nutzen die Gelegenheit und holen unsere Geburtstagsessen vom Mai nach. Im Restaurant „Le Moque-Tortue“ sind wir goldrichtig. Die stilvolle Inneneinrichtung des Lokals basiert auf der Geschichte von „Alice im Wunderland“. Es hat einen schönen Garten zum Draußensitzen mit Livemusik und die Speisekarte ist gut bestückt mit Hummergerichten. Wir schlagen zu und gönnen uns Lobster-Salat, Lobster-Rolls und Lobster-Chowder. Was für ein Genuß. Wir sind jetzt zwar pappsatt, aber ein feines Dessert geht immer. Zum Schluß überrascht uns der echt leckere Espresso. So macht Geburtstag feiern Spaß.

Nova Scotia


Generell finden wir in Nova Scotia unglaublich viel Natur in Form von Parks und Wilderness Areas. Überall gibt es spannende Wanderwege durch entweder schöne Wälder, feuchtes Marschland, entlang blauer Seen oder der wilden Küste. Niemals hätten wir jedoch mit kilometerlangen Sandstränden gerechnet. Sowie die Sonne nur ein bißchen durch die Wolkendecke scheint, liegen die Kanadier schon am Beach. Egal ob noch weit unter 20 Grad Celsius oder starker Nebel. Die Kanadier sind hart im Nehmen, wenn der Sommer kommt trägt man T-Shirt und Shorts, egal was das Thermometer anzeigt.

Wußtest Du, daß man den weltweit größten Tidenhub in Nova Scotia beobachten kann? In der „Bay of Fundy“ ist die Differenz zwischen Ebbe und Flut bis zu 16,3 Meter hoch. Unvorstellbare Wassermassen werden mit unsichtbarer Kraft in die Bay gedrückt. Hier findet das Wasser keinen Ausweg und staut sich in großen Mengen auf. Das Meerwasser wird gegenläufig in die zulaufenden Flußläufe gepresst. In einem dieser Flußläufe ist die „Fundy Discovery Site“. Hier kann man beobachten wie sich die Flut langsam und sachte mit einer ersten Welle ankündigt, um dann das Flußbecken mit doch enormer Geschwindigkeit zu fluten.

Video: 


Tidal Bore at Fundy Discovery Site

An der St. Marys Bay steht der „Balancing Rock“. Wenn ich jetzt sagen würde „man muß ihn gesehen haben“, würde ich lügen. Aber der schöne Wanderweg zu dieser Sehenswürdigkeit durch wilde Natur mit spannender Flora und Fauna (wir haben eine Schlange gesehen) rentiert sich allemal.

Der Zufall will es, daß wir bei der Rückfahrt an der Fähre zwei Schweizer treffen. Die beiden (der eine aus Frick AG und der andere aus Schlatt TG) sind schon vor Jahren nach Kanada ausgewandert und freuen sich heute mit uns „Schwyzerdütsch schnurren“ können. 

Auf der anderen Seite Nova Scotias, nämlich an der Atlantikküste findet man u.a. die drei Dörfer Lunenburg, Mahone Bay und Chester. Jeder dieser Orte hat sein eigenes Wahrzeichen.


Der Ort Lunenburg, der wegen seiner gut erhaltenen Architektur und maritimen Geschichte ein UNESCO-Weltkulturerbe ist, ist der Heimathafen der „Bluenose II“. Die Bluenose II ist eine Nachbildung der berühmten Bluenose, einem kanadischen Schoner (Segelschiff), der in den 1920/30er Jahren als erfolgreichstes Renn- und Fischereischiff galt. 

Das Städtchen Mahone Bay ist bekannt für die drei Kirchen, die sich am Ufer befinden und sich auf malerische Weise im Wasser widerspiegeln.

Das historische Chester hingegen ist bekannt für seinen Yachthafen. Von hier aus machen wir eine Bootsfahrt zur Insel „Big Tancook Island“, um uns einen Eindruck zu verschaffen, wie es sich wohl anfühlen muß so weit draußen auf einer entfernten Insel zu leben. Die Fähre mit der wir unterwegs sind kann jeweils nur ein Fahrzeug mitnehmen. In unserem Fall ist es ein LKW mit einer Ladung Sand. Außerdem transportiert die Fähre jeweils große Container mit verschiedenen Gütern hin und her. Von Feuerholz, über Lebensmittel bis hin zu Möbeln ist da alles dabei.

Halifax und Umgebung


Die Hauptstadt der Provinz Nova Scotia ist die Hafenstadt Halifax. Für viele Reisende wie wir es sind, ist hier der Start oder das Ende ihrer Reise, denn typischerweise verschiffen die meisten Overlander aus Europa ihr Reisemobil hierher, oder von hierher wieder zurück nach Europa. Wir haben wirklich erwartet hier ein paar Reisende aus Europa zu treffen, aber tatsächlich war es nur einer. Mit Manfred aus Franken haben wir die halbe Nacht geredet und geprostet.


Die Stadt Halifax an und für sich ist nicht unbedingt sehenswert. Es gibt einzelne Stationen wie die „Public Gardens“, den „Citadell Hill“, den „Farmers Market“ oder den „Harbourwalk“ die ganz nett sind, aber wenn man diese nicht gesehen hat, hat man unserer Meinung nach auch nicht viel verpasst.

Ganz genial finden wir als Hundebesitzer allerdings den „Point Pleasant Park“ ganz im Süden des Stadtzentrums von Halifax. Dieser rund 75 Hektar große, mit vielen Wanderwegen gespickte Park ist ein sog. „Off Leash Park“. Also ein Park, in dem die Hunde ohne Leine laufen dürfen. Schon lange nicht mehr konnte unsere Banda so unbeschwert und mit so vielen verschiedenen Hunden um die Wette rennen und freudig spielen.

Etwa 40 km südwestlich von Halifax steht der wohl meist fotografierte Leuchtturm ganz Ost-Kanadas. Nämlich das Lighthouse von Peggy‘s Cove. Haben wir dort an einem Vormittag doch tatsächlich 8 große Reisebusse aufs Mal gezählt.

Gar nicht weit von Peggy‘s Cove, nur ca. 10 Kilometer weiter draußen auf dem Meer, ist am 2. September 1998 der Swissair Flug 111 abgestürzt. Die „Swissair Flight 111 Memorial and Interment Site“ erinnert an das tragische Ereignis und die 229 Menschen, die dabei ums Leben gekommen sind.

Sonstiges im Juni


Ahornsirup: Tatsächlich gibt es in Kanada Ahornbäume ohne Ende. Für die Produktion des berühmten Ahornsirups werden in den Baumstamm kleine Löcher gebohrt und Ausläufe befestigt, durch die der Saft in einen Behälter fließt. Der gesammelte Saft wird dann durch Erhitzen eingedickt und übrig bleibt der süße Sirup. Pro Liter Sirup werden ca. 40 Liter Saft benötigt. Diese 40 Liter entsprechen in etwa der Menge, die ein Baum während einer Saison (Frühling bis Herbst) abgibt.



Schaumzikaden: Immer wieder wundere ich mich, warum unsere Banda weißen Schaum auf ihrem Kopf oder rund um die Schnauze trägt. Beim genaueren Hinsehen entdecke ich, die Gräser und Blumenhalme entlang der Wege sind mit Schaumblasen bestückt. Aber was hat es damit auf sich? Hier die Erklärung: Der Schaum wird von den Larven der Schaumzikaden produziert. Die Larven erzeugen den Schaum, indem sie Pflanzensaft aufsaugen und überschüssige Flüssigkeit mit Luftblasen vermischen. Der oft auch als "Kuckucksspeichel"  bezeichnete Schaum dient zum Schutz vor Fressfeinden, zum Schutz vor Austrocknung und zur Thermoreglulierung. 

Die „Kuckucksspucke“ ist nicht giftig und somit für Flora und Fauna unbedenklich.

Deutsche Autos in Kanada: Wir sind verwirrt, immer wieder kommen uns auf Kanadas Straßen Autos mit deutschen Kennzeichen entgegen. Wie kann das sein?

In Kanada müssen PKWs nur am Heck das offizielle Kennzeichen tragen. Somit ist vorne Platz für ein X-beliebiges Spaß-Kennzeichen. Die einen haben ihre Flagge drauf, die anderen ihren Herkunftsort. Wer aber ganz hip sein möchte hat an seinem deutschen Fahrzeugmodell (Audi, VW, Mercedes, etc.) vorne ein deutsches Kennzeichen dran. Ein deutsches Kennzeichen auf einem deutschen Auto zeigt eben Stil…



Bargeld? Nein danke!: Als wir am 10. Mai nach Kanada eingereist sind, haben wir gleich am ersten Tag an einem Geldautomat Kanadische Dollar geholt. Schließlich möchte man ja nicht ohne Bargeld unterwegs sein. Hätten wir nicht einmal in einem Waschsalon Münzen benötigt, hätten wir das damals abgehobene Geld bis heute nicht angerührt. In Kanada stellt sich niemals die Frage „Kann ich mit Karte bezahlen?“, sondern vielmehr „Kann ich auch bar bezahlen?“.

29.06.2024 - Marita Bottner / Jan Hiddink

Wir fahren zum nördlichen Teil von Nova Scotia, nämlich auf die Insel „Cape Breton“. Danach geht‘s mit der Fähre weiter nach Neufundland.

Der Plan für den 

Folgemonat:

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