Oktober 2022

Kolumbien spielt verrückt

Im Oktober erleben wir eine irre Finca, wahnsinnige Strassen, merkwürdige Landschaften und ein verrücktes Haus

Gefahrene Strecke:  1´877 Km

Zeitzone: MESZ -7 Std.

Route:

Viotá - Guatavita - Bogotá - Gachetá - Gachalá - Cabuyaro - Puerto Gaitán - San Pedro de Arimena - Orocué - Laguna de Tota - Villa de Leyva - Bogotá - Cota - Cucunubá - Villa de Leyva - Jesús María - Suaita - Guadalupe

Finca Ríolindo - ein Paradies zum Geniessen


Mittlerweile sind wir im Städtchen Cota (westlich von Bogotá) keine Unbekannten mehr. Bereits mehrere Male durften wir die Gastfreundschaft der Familie Tüscher in Anspruch nehmen. Abgesehen davon, konnten wir uns jedes mal mit Rodrigos selbst-gemachtem  „Schweizer Käse“ eindecken.


Daniel Jaramillo Medina und seine Frau Alexandra Tüscher laden uns fürs Wochenende spontan auf ihre Finca Ríolindo nach Viotá ein. Der Landsitz dient der Familie zur Erholung vom stets kühlen und regnerischen Wetter in Bogotá. Das rund 100 Kilometer entfernte Viotá liegt ganze 2‘100 Meter tiefer, nämlich auf nur noch 540 Höhenmetern. Dementsprechend ist das Klima um einiges wärmer, als in der Hauptstadt.


Bei unserer Ankunft auf der Finca begrüssen uns die fürsorgliche Haushälterin Jaqueline und ihr Mann Jorge. Wir seien die Ersten, der Rest der Familie wird erst am späten Abend eintrudeln. So geniessen wir erstmal alleine einen  entspannten Freitagabend auf dem herrlichen Anwesen.


An einem Abend machen wir Pizza - jeder bereitet eine Pizza für alle vor. So macht der Abend viel Spass - und es dauert einige Zeit bis wir die rund 10 Pizzen gebacken und verspeist haben.

Das Wochenende mit der Familie Tüscher ist extrem relaxed. Rodrigo macht mit uns einen Ausflug in die Geschichte. Wir fahren zu einem ehemals britischen Kaffeehaus, welches bereits 200 Jahre alt ist. Die alten Maschinerien sind beeindruckend, aber heute leider nicht mehr in Betrieb.


Marita macht mit den Finca-eigenen Pferden einen Reitausflug und Jan lässt sich in die private Limonen-Plantage mit ganzen 300 Bäumen entführen. Chillen dürfen wir im grosszügigen, erfrischenden Pool oder im beheizten, sprudelnden Jacuzzi.


Das Wochenende ist für uns eine grossartige Abwechslung und wir geniessen die Zeit mit allen Anwesenden. Wir möchten uns auf diesem Weg nochmal ganz herzlich bei Alexandra & Daniel für die grosszügige Einladung bedanken.

Alpenmenschen in den Anden


Der Zufall will es, dass wir in Kolumbien immer wieder Deutschsprachige kennen lernen, welche schon jahrelang in Kolumbien zuhause sind. Die meisten konnten sich hier eine bodenständige Existenz aufbauen und eine Familie gründen.


So z.B. der Österreicher Fritz. Er lebt schon 24 Jahre in Kolumbien. Der Kärntner hat Ende letzten Jahres in Guatavita das „Casa Loca“ eröffnet. Mittlerweile zählt er an den Wochenenden bis zu 3‘000 Besucher. Wenn man dann nicht morgens ab 09:00 Uhr schon in der Schlange steht, bekommt man kaum mehr die Chance für ein Eintritts-Ticket. Für Fritz ist es unmöglich so viele Menschen an einem Tag durch sein „Verrücktes Haus“ zu schleusen. An Wochentagen dagegen ist es wesentlich ruhiger. Da findet Fritz auch mal ein bisschen Zeit, sich bei einem Tinto mit zufällig  vorbeikommenden Weltreisenden zu unterhalten.

Fritz führt in der Stadt Bogotá einige Wursthütten, wo er beste Bratwürste nach Deutscher Art verkauft. Wir kosten die Würste beim Casa Loca und wollen sofort wissen, wo wir diese super-guten Fleischwaren kaufen können. So erhalten wir den Kontakt zu Heinz. Der Schweizer lebt bereits seit 35 Jahren in Kolumbien und produziert in Gachetá die besten Würste von ganz Südamerika.


Das Kennenlernen von Heinz und seiner Frau Martha ist für uns sehr interessant. Wir erfahren viel über Land und Leute und bekommen ausserdem eine detaillierte Führung durch die Wursterei. Als wir im Kühlhaus die Wurstwaren sehen, fallen uns schier die Augen aus. Diese sehen nicht nur so aus wie in Deutschland, nein, sie schmecken auch so. Um nicht zu sagen sogar besser als in mancher deutschen/schweizerischen Metzgerei. Die Gewürze sind von höchster Qualität und werden zum Teil in grossen Mengen aus Europa eingeflogen. Heinz ist ein Perfektionist und deshalb nur mit dem Besten vom Besten zufrieden. Unter anderem gehört Heinz wahrscheinlich zu den wenigen Metzgern, die ihr Bündner Fleisch tatsächlich an der frischen Luft trocknen. Dementsprechend zart und köstlich schmeckt dieses sehr feine Trockenfleisch. Während unserem Aufenthalt in Gachetá bekommen wir Möglichkeit beinah alle Wurst-Sorten zu probieren. Jede einzelne ist unumstritten ein wahrer  Gaumenschmaus erster Güte!


Heinz, wir hoffen dass Du noch lange die Kolumbianer in das Geheimnis der guten Wurst einführen kannst. Wir sagen Dir vielen lieben Dank für Deine Gastfreundschaft und wünschen Dir und Deiner Frau Martha weiterhin alles Gute.

Fahrt nach Los Llanos


Schon lange planen wir unsere 2. Fahrt nach „Los Llanos“. Diesmal wollen wir noch tiefer in den Osten des Tieflandes vordringen.


Auf dem Weg machen wir Stopp in Gachalá. Das Dorf liegt am Stausee Guavio, wo wir eine kleine Bootsfahrt zum Staudamm unternehmen. Der Staudamm hat eine Höhe von rund 250 Metern und eine Krone mit 390 Metern Länge. Die Talsperre „Alberto Lleras“ gehört zu den grössten der Welt. Durch etwa 15 Kilometer lange Tunnel und mit einer Fallhöhe von etwa 1‘050 Meter wird das Wasser zum zugehörigen unterirdischen Wasserkraftwerk Guavio geführt. Beim Bau der Talsperre (1983) kam es durch Erdrutsche zu einem schlimmen Unglück, wo viele Arbeiter und Helfer unter Tonnen von Schlamm begraben wurden. Von den etwa 200 Todesopfern konnten nur die Hälfte geborgen werden.

Vom Stausee auf 1‘620 Höhenmetern fahren wir mehr als 300 Kilometer nach Puerto Gaitán, welches nur noch auf einer Höhe von 160 Metern liegt. Die umtriebige, laute Stadt scheint voller Energie zu sein. Es gibt unzählige gefüllte Bars und Restaurants aus denen laute rhythmische Musik tönt. Am Ufer des Río Manacacías stauen sich schwer beladene LKWs, welche ihre Waren auf grosse Fracht-Boote umladen. Von hier fahren die Schiffe über den Río Meta bis zur Grenze nach Venezuela. Dies ist einer der wichtigsten Handelswege zwischen den beiden Ländern. Das ist wohl auch der Grund, warum Puerto Gaitán eine pulsierende Hafenstadt ist, wie sie im Buche steht.

Unsere Route führt uns entlang von Zuckerrohr- und Palm-Öl-Plantagen. Auf der roten Erde grasen tausende Rinder und im sumpfigen Gras sitzt eine unglaubliche Vielfalt an verschiedensten Vögeln. Während unseren Übernachtungs-Stopps zum rund 100 Kilometer entfernten El Porvenir, wecken uns mehrmals laut grölende Brüll-Affen, die wir zwar gut hören, aber leider nie zu sehen bekommen.

Marita prüft die Tiefe der Pfützen und ob allenfalls tiefe Löcher oder gar grosse Steine versteckt sind.

Die Strassen durch das sumpfige Gebiet sind eine echte Herausforderung. Tiefe Wasserlöcher und Gräben müssen wir durchqueren und gibt es mal keine Wasserlöcher, so sind es die vielen Schlaglöcher und Bodenwellen, die uns die Reise erschweren. So kommen wir zwar nur sehr langsam, aber gut voran.

Die Pfütze wurde für „befahrbar“ befunden.

Ein Einheimischer im Landcruiser ist etwas übermütig und fährt schnell durch das Wasser.

Doch ca. 300 Meter weiter streikt sein Motor - wir vermuten dass Wasser in den Motorraum drang.

Unglaublich - aber es gibt auch Baustellen. Ob diese tatsächlich etwas nützen?

So geht es Zig Kilometer lang von einem Wasserloch zum nächsten…

So sieht es aus wenn die Strassen trocken sind.

In El Porvenir nehmen wir die Fähre über den Río Meta, welcher die Grenze zwischen den Departementen Meta und Casanare bildet. Im Gegensatz zu Puerto Gaitán ist der Ort Orocué eher beschaulich, sauber und muy tranquilo. Da uns das heisse und feuchte Klima so gar nicht behagt, nehmen wir Kurs in Richtung Departements-Hauptstadt Yopal auf. Von dort ist es dann nur noch ein Katzensprung in kühlere Gefilde in den Bergen der Anden.

Ein Seitenarm des Río Meta. Die Flüsse in Los Llanos sind breit und führen viel Wasser.

Ab auf die Fähre nach Orocué - rückwärts auffahren, zusammen mit einem grossen LKW

Eine weitere Fähre: diesmal wird vor- und rückwärts eingeparkt.

Bis Yopal erwarten uns aber noch weitere, teilweise sehr einsame und beschwerliche 160 Kilometer. Auf der Strecke treffen wir auf einen Mann mit seinen zwei Kindern. Er hat mit seinem Moped eine Reifenpanne und bekommt den Schlauch einfach nicht geflickt. Glücklicherweise können wir ihm helfen. Die Sonne geht bereits unter, als der dankbare Familienvater seinen Heimweg fortsetzen kann.

Unsere Strapazen und Hilfsbereitschaft werden mit weiteren Tiersichtungen belohnt: So entdecken wir meterlange grasgrüne Echsen, rosa leuchtende Flamingos und einen joggenden „Grossen Ameisenbär“. Der „Oso Palmero“ ist der größte aller Ameisenbären überhaupt. Inklusive Schwanz kann er über 2 Meter lang werden. Er ernährt sich (wie der Name schon sagt) hauptsächlich von Ameisen und Termiten. Er ist zwar zahnlos, hat aber eine bis zu 60 cm lange klebrige Zunge, mit der er Ameisenhaufen und Termitenhügel auslecken kann. Voraussetzung für sein Dasein überhaupt, ist ein genügend großes Vorkommen an Ameisen und Termiten. Wir schauen uns die weiten mit Termitenhügeln übersäten Flächen an und uns ist klar, hier muss das Schlaraffenland eines jeden Ameisenbären sein.

Von der klimatisch immer noch sehr heissen Stadt Yopal (auf 340 Höhenmetern) sind es nochmal 130 Kilometer zu unserem nächsten Reiseziel auf endlich kühleren 3‘040 Meter. Die Laguna de Tota hat uns im Jahr 2016 schon sehr gut gefallen, sodass wir während dieser Reise keinesfalls auf einen erneuten Besuch verzichten wollten. Haben wir damals noch am weissen Sandstrand „Playa Blanca“ übernachtet, finden wir diesmal unseren Platz an der Kirche auf der Halbinsel (Iglesia La Península). Soweit das Auge reicht werden rund um den Totasee „Cebollas Largas“ angebaut. Die „Winterzwiebel“ wird vor allem in tropischen Gebieten angebaut, weil die gewöhnliche Speisezwiebel hier weniger gut gedeiht. Da uns das frische Klima und die hübschen Wanderwege auf der Halbinsel gut gefallen, bleiben wir hier ein paar Tage und erholen uns von der anstrengenden schwülen Hitze des Tieflandes.

Video „Los Llanos - Meta/Casanare, Kolumbien

Wiedersehen und Sehenswertes


Macht man eine Reise nach Kolumbien, darf ein Besuch im Kolonialdorf Villa de Leyva keinesfalls fehlen. Auch unter den Kolumbianern ist der hübsche Ort ein beliebtes Ausflugsziel und an Wochenenden entsprechend hoch frequentiert.


Zum ersten Mal seit mehr als 3 Monaten treffen wir endlich mal wieder auf andere Overlander. Marcus Weiden von SlowTravel4x4 haben wir zuletzt im Juli 2021 in Argentinien gesehen. Umso grösser ist die Wiedersehensfreude, welche wir mit einem Bier begiessen. Sogar unsere Hündinnen Frieda und Banda scheinen sich riesig über die erneute Zusammenkunft zu freuen. Als nächstes lernen wir die Kanadier Kara & Jason - bekannt als Everlanders kennen, welche mit ihrem Ford F550 und der selbst ausgebauten Kabine in südliche Richtung unterwegs sind. Last, but not least kommt eine weitere Reise-Bekanntschaft nach Villa de Leyva: die Österreicher Birgit & Klemens, welche wir seit Mai 2021 nicht mehr getroffen haben. Die Tiroler sind als 4x4Panda unterwegs und Dir lieber Leser vielleicht noch aus früheren Reiseberichten bekannt. Wir sitzen stundenlang zusammen und haben uns viel zu erzählen. Unser Aufenthalt in Villa de Leyva ist deshalb nicht nur der Besuch einer Sehenswürdigkeit, sondern auch ein gesellschaftliches Highlight während unserer Reise durch Kolumbien.

Neben dem begehrten Villa de Leyva findet man viele weitere hübsche Kolonialdörfer in der Region. Eines davon ist Cucunubá. Leider wird hier gerade der Hauptplatz vor der Kirche umgebaut. Diese grosse Baustelle inmitten des Dorfes raubt dem Ort momentan leider den Zauber.

Viel, viel Wasser - die Regenfälle bringen volle Seen, wilde Wasserfälle und überschwemmte Wiesen.

In den Bergen Kolumbiens gibt es unzählige Bäche, Flüsse und Wasserfälle. Irgendwo muss das viele Wasser ja schließlich hin, das so häufig vom Himmel fällt. Bei den Wasserfällen „Cascada de los Micos“ und „Cascada de los Caballeros“ findet das Wasser definitiv ein spektakuläres und sehr fotogenes Auslassventil.

Cascada de los Caballeros

Cascada de los Micos

Beim Dorf Guadalupe, im Departement Santander, finden wir in „Las Gachas“ und im „Balneario Salitre“ aussergewöhnliche Bademöglichkeiten. Das Flusswasser fliesst hier über rötliche Steinplatten, in denen sich tiefe runde Löcher befinden. Das sieht nicht nur sehr hübsch aus, sondern macht auch mega-Spass darin zu baden.

Zwei Mal in Bogotá


Trotz allem waren wir auch im Monat Oktober wieder 2 Mal in Bogotá unterwegs.


Ein Grund ist das Geräusch im Motor, das wir dann doch selbst kurzfristig regulieren können, indem wir Öl in der Lenkhydraulik nachfüllen.

Ein anderer Grund ist unsere SOAT (KFZ-Versicherung), welche wir dringend verlängern müssen.

Ein weiterer Anlass ist die Verschiebung unserer Flüge nach Mexiko, da das Fähr-Schiff ab Cartagena Verspätung haben wird.

Ausserdem müssen wir in Bogotá dem Zoll einen Besuch abstatten, da wir ständig eMails bekommen, dass unser TIP (Temporary Importation Permit of Foreign Vehicles) abgelaufen sei.


Selbstverständlich nutzen wir den Kurz-Aufenthalt in Bogotá auch dazu, bei unseren Freunden in Cota vorbeizuschauen und im Restaurant Paprika fein essen zu gehen. Für Jan gibt‘s „Fondue Chinoise“ und für Marita „Zürcher Geschnetzeltes mit Kartoffel-Rösti“.

Nebenbei bemerkt…


Wusstest Du, dass seit der Unterzeichnung der Friedensverträge mit der FARC im Jahr 2016 die Abholzung der Regenwälder in Kolumbien drastisch zugenommen hat? Die Wälder sind sicherer geworden und werden nun mehr denn je zur Viehzucht, zu illegalem Kokaanbau und illegalem Gold-Bergbau genutzt.

mbo

Plan
November 2022

Wir drehen noch eine kleine Runde durch unser Traum-Reiseland, eh wir zum Monatsende nach Bogotá zurückkehren, um dort unser Fahrzeug für die Verschiffung nach Mexiko vorzubereiten.

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