September 2022

Von rosa Delfinen zu grünen Smaragden

Der September ist für uns ein farbiger Monat mit roten Algen, rosa Delfinen, grünen Smaragden und einem herrlich bunten Strassenfest inmitten des Zentrums von Bogotá.

Gefahrene Strecke:  1´751 Km

Zeitzone: MESZ -7 Std.

Route:

Cañon del Río Güejar - Granada - San José del Guaviare (Finca Tranquilandia, Puerto de Orión, Tuneles Naturales & Jacuzzi, Ciudad de Piedra) - Laguna Damas de Nare - Bogotá - Cota - Bogotá - Chía - Coper - Peña de Sucre - Páramo de Guargua -  Represa El Hato - Ubaté - Cota

Unsere Reise ins Department Guaviare


Nachdem wir es im Departamento del Meta nicht geschafft haben die Macarena-Alge zu sehen, versuchen wir unser Glück im Nachbar-Departamento de Guaviare. Wir sind überrascht über die sehr gut ausgebaute Asphaltstrasse, die uns in das Städtchen San José del Guaviare bringt. Mit seinen gut 50’000 Einwohnern erwartet uns eine eher beschauliche und ruhige Departments-Hauptstadt, die von ausländischen Touristen, aber auch von vielen Kolumbianern gescheut wird. Warum? Viel zu risikoreich! Auch uns wurde gesagt wir sollen froh sein, wenn wir aus Guaviare wieder lebend raus kommen. Irgendwie nehmen wir je länger je mehr diese Warnungen nicht mehr ganz ernst. Denn egal in welchem Departamento wir uns befinden, von den Einwohnern wird uns immer bestätigt, es sei hier tranquilo und muy sano. Aber wehe man gehe ins Nachbar-Departamento wo es nur so wimmelt von bösen Ladrones und bedrohlichen Guerilleros. Dort sei es brandgefährlich. In einem Land wie Kolumbien ist man nirgends zu 100% sicher. Spätestens seit dem „paro armado“, in dessen Klauen wir Anfang Mai gefallen sind, ist uns diese Tatsache bewusst.

Aber wenden wir uns wieder der schönen Umgebung von San José del Guaviare zu. Unser erstes Ziel hier ist die Finca Tranquilandia. Sie liegt an einem kleinen Fluss, in dem von Juli bis November die berühmte bunte Macarena-Alge wächst. Vorausgesetzt, es regnet viel damit der Fluss auch genügend Wasser führt. Wir freuen uns schon sehr auf das Farbspektakel, aber diese Freude wird von den Führern der Finca Tranquilandia schnell gedämpft. Es habe ungewöhnliche 3 lange Wochen nicht mehr geregnet und das Flüsschen weist bereits viele trockene Stellen auf, an der die Alge bereits abgestorben ist. Also macht sich auch hier der Klimawandel bemerkbar und die Leidtragende ist wie immer die Natur. Für 15‘000 Kolumbianische Pesos (COP) schliessen wir uns der sympathischen Führerin an und folgen ihr auf dem romantischen Wanderweg zu den übergebliebenen Algen. Wir erfahren, dass die Macarenia clavigera eine einjährige Reproduktionsphase hat und dass sie während ihres Blüh-Zyklus nicht nur rot, sondern auch gelb, grün, blau und schwarz erscheint. In der Nähe gibt es noch einen weiteren Fluss in dem das bunte Gewächs gedeiht, aber auch dort herrscht leider Wassermangel.

Puerta de Orión:

15m breit und 12m hoch. Durch das obere Fenster kann man im Dezember zwischen 19 und 21 Uhr den „Gürtel des Orion“ am Himmel entdecken. Ob der Name tatsächlich daher kommt? Wer weiss…

Die spezielle Landschaft rund um San José del Guaviare überrascht uns. Dachten wir doch wir wären in der Tiefebene Kolumbiens, finden wir uns verwundert inmitten Hügeln und Steinbergen wieder. Die Region mit ihren abstrusen Steinformationen lädt uns zum Wandern ein. Sowohl die „Puerta de Orión“, als auch die „Ciudad de Piedra“ und „Tuneles naturales“ faszinieren uns mit dunklen Höhlen, steilen Felswänden und phantasievollen Steinskulpturen. Immer wieder entdecken wir auf dem Gestein Jahrhunderte alte Malereien aus der Vorzeit. Einmal habe ich Glück und mir läuft eine Korallenschlange vor die Füsse. Ganz gemächlich überquert sie den Pfad und verschwindet ohne grosses Aufsehen wieder im Steppengras. Nur blöd, wenn man genau dann keinen Fotoapparat zur Hand hat. Sonst könnte ich Dir jetzt ein Foto der weiss-schwarz-rot geringelten Schlange zeigen.

Puerta de Orión

Tuneles naturales

Ciudad de Piedra

Felsmalereien

Die einzigartige Flor del Guaviare

Probesitzen in einer kleinen Chiva

Auf einer unserer Wanderungen passiert etwas Fürchterliches. Jan wird unmerklich von irgendwelchen kleinen Insekten attackiert und seine Haut schwillt innert kürzester Zeit stark an und brennt wie Feuer. Sein mittlerweile purpurroter Kopf macht ein jämmerlich leidendes Gesicht und ich habe das Gefühl er steht kurz vor einem Kollaps. Er nimmt zwar sofort ein Cetirizin, aber helfen tut das nicht die Bohne. Während Jan hinten im Bett gegen den Allergie-Schock kämpft, rase ich so schnell als möglich ins Spital von San José. Bei der Krankenhauseinfahrt werde ich als Ambulancia erkannt und  sofort zum Eingang gelotst. An der Notaufnahme angekommen holt eine Krankenschwester den arg gebeutelten Jan aus dem Auto und schiebt ihn auf einem Rollstuhl ins Krankenhaus. Puh, das wär erstmal geschafft. Ich kümmere mich um den Sprinter und mache die Zufahrt zur Notfallaufnahme wieder frei. Nach dem Umparken marschier ich zurück ins Spital und schaue wie‘s Jan geht. Als ich durch die Eingangstüre trete traue ich meinen Augen nicht: Jan, ein Häufchen Elend, sitzt nach wie vor in seinem Rollstuhl und hat bisher keinerlei Beachtung geschenkt bekommen. Man hat ihn einfach abgestellt. Fertig! Jetzt krieg ich die Krise und mache der Dame in der Notfallaufnahme Feuer unterm Arsch. Ihre Antwort, bevor man etwas tun könne, müsse ich zuerst die Versicherungs-Police zeigen. Ich schiebe ihr diese unter der Scheibe durch und brülle sie an, sie soll jetzt sofort einen Arzt auftreiben, der meinem Mann eine Kortisonspritze in den Hintern jagt. Mein wildes Gebären scheint geholfen zu haben, denn kurz darauf wird Jan von einem Arzt in sein Sprechzimmer geholt. Nun etwas ruhiger versuche ich mit der Vorzimmer-Dame die Bürokratie zu bewältigen. Sie fragt mich Zig mal dasselbe und ein anderer wartender Patient ruft der Sekretärin genervt die bereits bekannten Antworten lautstark zu. So vergeht mehr als eine halbe Stunde, bis Jans Personalien schliesslich im Computer sind. Als ich endlich zu Jan in die Überwachungsstation komme, hat er bereits wieder eine normale Gesichtsfarbe. Man hat ihm nicht nur Kortison, sondern auch Adrenalin gespritzt. Eine weitere Stunde später dürfen wir das Krankenhaus verlassen.

Fazit: Jan ist wieder völlig hergestellt und der Aufenthalt bzw. die Behandlung hat umgerechnet keine 50€ gekostet. Seit diesem Vorfall führen wir Kortison stets in unserer Notfallapotheke mit uns. Wir hoffen sehr, dass wir es nie brauchen  werden.

Was uns in Guaviare ebenfalls sehr gut gefällt, man entdeckt immer wieder wunderschön erfrischende Bademöglichkeiten in glasklarem Wasser. Nicht nur einmal finden wir uns in einem der vielen Pozos der Flussläufe wieder.

Nun aber zu unserem unerwarteten absoluten Highlight in Guaviare. Bereits bei den Macarena-Algen schwärmt ein junger Mann von der Laguna Damas de Nare, in welcher man mit Süsswasser-Delfinen schwimmen könne. Das interessiert uns.

Marita spielt mit einem Süßwasser-Delfin in der Laguna Damas de Nara.

Wir suchen über Facebook jemanden, der uns hilft diese Tour zu organisieren. Für uns ist klar, wir möchten selbst so weit wie möglich ostwärts zur Laguna fahren und erst am Schluss auf einen Führer angewiesen sein. Über div. Ecken und Empfehlungen erhalten wir den Kontakt zur Villa Lilia, welche Trips zu den rosa Delfinen anbietet. Wir fahren mit dem Auto bis Sabanas de la Fuga. Dort steigen wir um in ein Boot. Nach einer ca. 20-minütigen Fahrt laufen wir weitere 20 Minuten durch den Dschungel, bis wir endlich bei der Villa Lilia ankommen. Dort wird uns ein leckeres Frühstück aufgetischt, nach diesem wir eine weitere halbe Stunde durch die wilde Natur zur Laguna de Nare wandern. Hier steigen wir erneut ins Boot und fahren raus auf den See. Und dann geht das Warten los. Eine Stunde, zwei Stunden, drei Stunden… Während unser Führer Belisario unermüdlich „Taaatiii“ (den Namen eines der Delfine) über die romantisch gelegene Lagune ruft, hängen wir in unseren Schwimmwesten und lassen uns im einsamen Gewässer treiben. Wir haben die Hoffnung schon aufgegeben, da tauchen die Tiere plötzlich aus dem Nichts auf. Sie schnappen sich die Boots-Leine und ziehen daran. Es macht ihnen sichtlich Spass mit uns zu spielen.


Zur Info: Es gibt im Amazonas-Raum verschiedene Süsswasser-Delfin-Arten. Je nachdem in welchem Gebiet sie leben, sind sie an ihre Umgebung angepasst. Bei den sieben Tieren hier in der Laguna de Nare (2 Männchen, 3 Weibchen, 2 Jungen) handelt es sich um Toninas (wie sie eigentlich heissen) die sich mittels Schallwellen orientieren können. Die Evolution hat diese außergewöhnliche Fähigkeit geschaffen, damit sich die Tiere trotz des sehr trüben undurchsichtigen  Gewässers zurecht finden.

Auf dem Fluss geht es immer tiefer in den Dschungel.

Unser Empfang beim Steg …

… und der Empfang in der Finca mit ausgiebigem Frühstück

Die Finca mitten im Dschungel ist bestens ausgestattet … hat man kein Zelt dabei, dienen die Hängematten als Schlafstätte.

Wir warten lange, sehr lange auf die Delfine - auch Banda muss geduldig sein.

Wenigstens zeigen sich Wasser-Schildkröten beim Warten.

Wir können mit den Delfinen spielen - sie kommen so nah an uns heran, dass sie sogar unsere Beine streifen.

Ausserdem: Wir dachten ja eigentlich wir fahren ab Villavicencio durch den Amazonas-Dschungel. Dem ist aber nicht so. Wir fahren entlang Bananen-, Ananas, Maracuya- und Papaya-Plantagen und ausserdem wurde wahnsinnig viel abgeholzt um der riesigen Viehwirtschaft Platz zu machen.

Maracuya-Plantage: sieht aus wie Weinreben

Video „Los Llanos - das Tiefland Kolumbiens“ mit einer Zusammenfassung des erlebten

Bogotá


Nach rund 3 Wochen kommen wir zurück in die Stadt Bogotá. Warum? Wir haben noch eine kaputte Felge zu ersetzen und die passende leider noch nicht gefunden.


Wenn wir schon in der Stadt sind, wollen wir die ersten Vorbereitungen für unsere Reise nach Mexiko treffen. Wir gehen mit unserer Hündin Banda zur Veterinärin María, lassen nötige Impfungen machen und informieren uns über weitere Massnahmen zur Reise mit Hund. Wir fahren zum Flughafen und kaufen bei der Fluggesellschaft Avianca Tickets für unseren Flug mit Hund nach Cancún (Mexiko). Wir buchen eine Verschiffung für unseren Sprinter von Cartagena (KOL) nach Veracruz (MEX).

Unser Übernachtungsplatz - im Herzen von Bogotá

Am 11. September gehen wir zum Strassenfest des Barrios La Macarena. Auf der Carrera 4A ist heute echt was los. Der wunderbare Strassenmarkt bietet alles was das Herz begehrt. Von kunstvollen Handarbeiten über selbstgemachte Leckereien bis zur Strassenmusik ist alles dabei.

Wenn wir schon in der City sind, besuchen wir unseren Freund Bigote in seiner Pizzeria. Diesmal lernen wir auch seinen Bruder Mike kennen, mit dem Bigote vier gut laufende Lokale führt.


Selbstverständlich füllen wir (wenn wir schon mal in der Nähe sind) bei Rodrigo in Cota unseren Kühlschrank bis obenhin wieder mit bestem Queso manera Suissa auf.

Das einzige was uns an Bogotá absolut stört ist der Verkehr zu den Stosszeiten! Ein Horror! 10-mal schlimmer als in der Region Zürich (und dort ist der Stossverkehr schon desaströs - zumindest habe ich das so in Erinnerung). Man stelle sich vor, um die riesige Stadt Bogotá bei normalem Verkehr einmal zu durchqueren ist man sicher 2 Stunden unterwegs. Fährt man jedoch zur Stosszeit, kann man von einer 4-mal so langen Fahrzeit ausgehen.

Auf Smaragd-Suche in den Minen von Muzo


Unsere Wartezeit auf die in den USA bestellte Felge verkürzen wir mit einem Ausflug nach Muzo (Dpto. Boyacá). Mit den besten Routen-Tipps vom Käser Rodrigo machen wir uns auf den Weg. Leider kommen wir nicht weit, denn gleich am ersten Tag verdrehe ich mir beim allmorgendlichen Gassi-gehen schmerzhaft den linken Fuss. Erst hält sich der Schmerz noch in Grenzen, aber im Laufe des Tages wird es so arg und der Fuss dermassen angeschwollen, dass wir sicherheitshalber ein Krankenhaus (Clínica de Marly in Chía) aufsuchen um mit einem Röntgenbild Klarheit zu schaffen. Mit einem Wanderstock als Gehhilfe gehe ich zur Notfallaufnahme:


  • Personalien aufnehmen
  • An der Kasse eine Vorauszahlung von 600‘000 COP leisten (ca. 135 €)
  • Eine Krankenschwester misst Blutdruck, Puls, Sauerstoffgehalt im Blut und fragt nach Allergien, sonstigen Krankheiten oder Medikamente
  • Sprechstunde bei Allgemeinärztin mit der Ursachensuche (Wie ist es passiert?)
  • Überweisung zum Röntgen (hier packe ich zum 1. mal meinen Fuss aus, erst auf Nachfrage erhalte ich eine Bleischürze)
  • Sprechstunde beim Orthopäden mit der Diagnose: es ist nichts gebrochen.


Gut, das ist alles was ich wissen wollte. Dann kann ich jetzt ja wieder gehen. Aber der Orthopäde entlässt mich nicht so schnell und fragt ob ich krankenversichert sei, denn die weitere Behandlung koste weitere 460’000 COP. Ich frage „was für eine weitere Behandlung“? Seine Antwort: Ich soll für 5 Tage einen Verband bekommen, mit dem mein Fuss ruhig gestellt wird und danach eine Physiotherapie, um den Fuss wieder mobil zu machen. Nein, danke. Ich verabschiede mich, gehe zum Empfang um den Krankenbericht abzuholen und dann zur Kasse um das Rückgeld von 65‘100 COP entgegenzunehmen.

PS: dies sind nur „Abfälle“, d.h. Smaragde in unreiner Qualität. Aber diese Steine haben wir selbst gefunden - und daher sind sie für uns wertvoll.

So, aber jetzt fahren wir endlich nach Muzo zu den Smaragd-Minen. Es ist Donnerstagnachmittag und wir nehmen den Weg direkt ins Ortszentrum um jemanden zu finden, der uns durch die Minen führt. Tatsächlich finden wir in einer Kneipe einen Minen-Besitzer, der mit uns einen Termin am Samstagmorgen um 8 Uhr abmacht. Jetzt brauchen wir nur noch einen angenehmen Schlafplatz, wo wir uns für die nächsten zwei Nächte aufhalten können.

Nach Muzo erleben wir eine wunderschöne Anfahrt durch Berge und Dschungel.

Wir bekommen einen Tipp für die Villa Helen, welche etwas ausserhalb von Muzo liegt. Deren Besitzer Edgar Castillo führt auch ein hübsches Schmuck-Geschäft im Zentrum von Muzo, wo ich mir ein Paar Smaragd-Ohrringe aussuche. Die Villa Helen entpuppt sich mit seinem grossen Quellwasser-Pool als erfrischenden Segen. Da wir hier nur auf etwa 1‘000 Höhenmetern sind, ist das Klima sehr warm und ausserdem extrem feucht. Da ist jede Abkühlung herzlich willkommen.

Am Samstagmorgen werden wir (wie schon so oft in Lateinamerika) wieder mal versetzt. Wir warten umsonst 2 1/2 Stunden auf unseren Mineur Oliver Obando. Frustriert gehen wir zu Edgar Castillo und fragen ihn, was wir tun sollen. Er meint „warum kauft ihr euch keine Gummistiefel und fahrt selbst direkt raus zu den Minen?“. Das sei gar kein Problem. Okay, dann tun wir das. Ich lauf los und hol im nächsten Schuhgeschäft für mich und Jan zwei Paar Gummistiefel und zwei Stunden später befinden wir uns bereits inmitten der Smaragd-Minen von Muzo. Jetzt brauchen wir nur noch jemanden, der mit uns eine Führung durch die Minen macht.

Es ist bereits Nachmittag als wir durch das Minen-Gebiet fahren und plötzlich laute Männer-Rufe hören. Wir wurden erkannt. Der Besitzer der Finca Helen hat auf seiner Facebook-Seite Bilder und Videos von uns und unserem Indi veröffentlicht und die Mineure haben das gesehen. Jetzt sind sie stolz solch „prominenten Gäste“ bei sich zu haben und schon haben wir je ein Bier in der Hand. Die Männer gehen ins lang erwartete Wochenende und trinken die wohlverdiente Feierabend-Halbe. Der Chef der Truppe Gabriel Linares möchte uns seine Mine zeigen. Allerdings geht das erst am Montag, wenn wieder mit der Arbeit begonnen wird. Super, wir freuen uns sehr und bleiben über den Sonntag in einem kleinen Weiler namens La Playa.

Hier ist die Welt noch in Ordnung - das Bild wurde vor der Minen-Besichtigung aufgenommen.

Am Montag gegen 11 Uhr treffen wir wie vereinbart am Tunnel Dubai ein. Wir sind herzlich willkommen und bekommen gleich mal einen Helm mit Taschenlampe auf den Kopf gesetzt. Eh wir uns versehen geht es mit Gummistiefel gewappnet in die Mine und über den Aufzug 20 Meter in die Tiefe des Berges. Wir waten durch einen Tunnel in dem knöcheltief das Wasser steht. Die Tunnelwände sind je nach Gesteinsart mit Nichts oder Holzbalken befestigt. Der grosse Jan haut sich auf dem Weg ein paar mal seinen vorsorglich behelmten Kopf an. Wir laufen eine gefühlte Ewigkeit durch den dunklen und engen Gang, eh wir das Ende der Sackgasse erreichen. Jetzt stehen wir an einem 4 Meter tiefen Loch, in dem ein Arbeiter gerade Dynamit präpariert um die anstehende Sprengung vorzubereiten. Langsam fangen wir zu schwitzen an. Nicht nur wegen der Wärme und der hohen Luftfeuchtigkeit die in dieser Mine herrscht, sondern auch wegen des vielen Dynamits, das in diesem Moment angezündet wird. Die Mineure sind cool, aber wir finden es nicht mehr so lustig. Auf Jans Frage wieviel Zeit wir haben um zu verschwinden erhalten wir die Antwort „2 Minuten“. Also machen wir uns vom Acker und laufen in Richtung Aufzug. „Peng“! Wir hören einen dumpfen Knall und im selben Moment überholt uns eine starke Druckwelle von hinten. „Peng“! Eine weitere Druckwelle schiebt uns durch den engen Gang. Dann Stille. Insgesamt sollte es 7 mal knallen, aber 5 der Dynamit-Stangen sind nicht hochgegangen. Höchstwahrscheinlich haben die Lunten zu viel Wasser abbekommen. Die Sprengung muss in dem Fall wiederholt werden. Aber diesmal ohne uns! Wir laufen gebückt hinter Gabriel Linares durch einen weiteren Tunnel und er zeigt uns wie die Smaragde zwischen den Gesteinsschichten gesucht werden. Eine mühsame Arbeit, die mal belohnt wird und mal nicht. Um bei dieser Arbeit Erfolg zu haben, braucht es auch ein gewisses Quäntchen Glück, das wünschen wir Gabriel Linares und seinem 15-köpfigen Team, eh wir uns verabschieden und die Smaragd-Minen in Richtung Bogotá verlassen.

Die Anfahrt zu den Minen: ziemlich abenteuerlich

Immer dasselbe: das letzte Stück ist das schwierigste

Der Beginn: der Lift zum 20 Meter tiefer liegenden Stollen

Der Stollen ist eng und nicht für grosse Leute gebaut

Blick in das 4 Meter tiefe Loch, wo gerade eine Ader ausgebeutet wird

Es darf nur mit Maske gearbeitet werden - zu viele giftige Gase setzen sich im Loch ab

Das Dynamit in der Hand und das Zeichen, ob man loslegen kann

Jetzt wird scharf gemacht - die Zündkapsel wird in die Dynamitstange gesteckt

Wir dürfen an einer alten, stillgelegten Stelle nach Steinen suchen.

Abschlussfoto: alle - insbesondere wir - sind glücklich

Was es ausserdem aus den Minen zu erzählen gibt:

Die grösste Mine ist die „Mina Real“. In der von einem US-Konzern geführten und streng bewachten Mine arbeiten ca. 850 Männer und Frauen in 3 Schichten. Es wird in dem Turnus gearbeitet: 20 Tage arbeiten, 10 Tage frei.


Nicht nur in den Tunnels, sondern auch an den Berghängen und in Wasserläufen suchen Männer und Frauen geduldig nach Smaragden. Sogar im „Abfall“ der grossen Mina Real kann man noch kleine hellgrüne Steine finden, welche für den grossen Konzern nur „basura“ darstellen. Wir werden von „privaten“ Smaragd-Suchern mehrmals angesprochen und gefragt, ob wir Edelsteine kaufen wollen. Aber es ist besser und sicherer diese in offiziellen Schmuck-Geschäften zu erstehen, sonst wird einem am Ende noch wertloser Tand untergejubelt.

Man muss genau hinsehen um die Überdachungen im Dreck ausfindig zu machen. Darunter suchen die Leute nach Smaragden. Die ganze Szenerie muss man sich mal bei Regen vorstellen - nicht nur wegen dem Schmutz sondern auch wg. der lauernden Gefahr von Erdrutschen.

Mit dem Sprinter 4x4 auf Smaragd-Suche in Muzo (Boyacá, Kolumbien)

Unser Fahrzeug im Monat September


Wie bereits erwähnt haben wir eine kaputte Felge. Nicht mal die Firma Inchcape (der General-Importeur für Mercedes) kann uns bei diesem Problem helfen. Also machen wir es wie mit den Pendelstangen und bestellen die Felge ganz einfach bei rockauto.com in den USA.


Apropos Inchcape. Die Firma interviewt uns am 14. September über unsere Reise, bzw. über unsere Zufriedenheit mit dem Sprinter 4x4. Etwa zwei Stunden dauert das Stelldichein mit den Leuten von Motorysa, der Marketing-Abteilung und dem Produkt-Koordinator von „Inchcape Américas“. Um zwei grosse Mercedes-Regenschirme reicher nehmen wir von unseren neuen  Freunden Abschied und ziehen von dannen.

Innerhalb 5 Arbeitstagen kommt unsere Felge aus den USA in Kolumbien an und wir lassen sie bei der Firma „Tellantas“ in Bogotá aufziehen. Wenn wir schon dabei sind, lassen wir gleich noch unsere Reifen diagonal austauschen. Und jetzt entdecken wir ein neues Problem. Vorne rechts sind die Bremsbacken völlig runter. Schuld sind die Bremszylinder, die völlig verdreckt sind und unbedingt ausgetauscht werden müssen.


Über die Facebook-Gruppe „Sprinter & Crafter en Colombia“ finden wir einen Käufer für unsere neue falsch bestellte Steckachse. Der Käufer ist in Cali und besitzt etliche VW Crafter. Er freut sich, dass er für umgerechnet nur 200 US-$ eine neue Achse bekommt und wir freuen uns, dass wir sie wenigstens zum Neupreis weiterverkaufen können. Wiederum über ihn kommen wir zu  neuen Bremszylindern, die uns der Señor aus Cali nach Bogotá schickt.

Der Bremszylinder (links) hat Kratzer, Bremsflüssigkeit entweicht und der Zylinder zieht nicht mehr gleichmässig zurück. Als Folge davon sind unterschiedlich abgenutzte Bremsbacken.

Da machen wir erstmal lange Gesichter. Was ist zu tun?

Gleich sind wir wieder happy - der Mann aus Cali braucht Ersatzteile für seine Crafter, wir kriegen im Gegenzug neue Bremszylinder für unseren Indi. Amigo-System …

Unser Mechaniker bei der Firma Tellantas heisst Luis. Er lädt uns spontan am Sonntagnachmittag zu einem unterhaltsamen Beisammensein mit „parranda vallenata“ ein. Zu was? Zu „parranda vallenata“, DIE Musik von der Küste Kolumbiens, kennt ihr die nicht? Nein, wir glauben nicht… Also nehmen wir die Einladung zu diesem gesellschaftlichen Event an und treffen uns bereits um 10 Uhr bei Luis in der Wohnung im Zentrum von Bogotá. Jetzt lernen wir seine Frau Nora kennen und erfahren, dass sie heute ihren Geburtstag feiert. Aha, deshalb… wir schimpfen mit Luis, weil er uns den Geburtstag seiner Frau verschwiegen hat. Am Nachmittag treffen wir uns im Hause der Eltern des Geburtstagskindes im äussersten Süden Bogotás mit Verwandten und Freunden und es wird ein lustiger und äusserst musikalischer unvergesslicher Sonntag für uns.

Es wird getanzt - ich darf mich von einer älteren Dame in das Geheimnis des Salsa einführen lassen.

Das obligate Abschlussfoto mit dem Geburtstagskind Nora in der Mitte.

Höhen und Tiefen zum Monatsende


Im September fahren wir über hohe Anden-Pässe und uns begegnet dabei mehrmals die Pflanze „Frailejón“. Es gibt sie nur im Norden Ecuadors, in den Bergen Venezuelas und in den Hochmooren Kolumbiens. Am wohlsten fühlt sich das Gewächs auf einer Höhe zwischen 3‘000-3‘800 Metern. Frailejones wachsen im Jahr nur ca. 1 bis maximal 4 cm. Deshalb ist es etwas ganz besonderes, mannshohe Exemplare zu entdecken. Man kann davon ausgehen, dass diese viele, viele Jahre alt sind.

Das außergewöhnliche an der Pflanze ist, sie holt sich das lebensnotwendige Wasser mithilfe ihrer feinen Härchen aus der nebelfeuchten Luft, bzw. aus hängengebliebenen Regentropfen. Sie speichert das Wasser in ihrem Stock und gibt es über die Wurzeln an ihre Umwelt ab. Fralejones sind die Basis für ein gut funktionierendes Ökosystem in den Hochmooren der nördlichen Anden. Auch sie sind vom Klimawandel betroffen und drohen zu verschwinden.

Ganze Hänge sind übersät mit den seltenen Frailejones

Zum Teil stehen sie ganz nahe zueinander, quasi wie ein Wald.

Und es gibt noch höhere Exemplare.

Richtig schön finden wir die Frailejones nicht, aber in der Gruppe und der Blütenpracht auf dieser Höhe … ist es doch ein unglaublicher Anblick.

Wir stehen ganz nah an einer Bergkante, wo die tropische Wärme mit der Feuchtigkeit herauf bläst und sich der obligate Nebel bildet.

Im Städtchen Ubaté, welches auf rund 2‘550 Metern liegt, erleben wir ein „Tief“. Beim Rückwärtsfahren mitten im Ort touchieren wir mit unserem Reserverad die Rückscheibe eines „Dodge Journey“ und diese zerfällt in tausend Splitter. Glücklicherweise muss der Besitzer des Autos in die selbe Richtung wie wir, so dass wir uns beim Autoscheiben-Händler in Chía wieder treffen. Wir bezahlen dem Herrn die neue Heckscheibe und alles ist wieder gut.

Blöd gelaufen kann man da nur sagen.

Der Fahrer ist froh, dass wir nicht abgehauen sind - offensichtlich ein in Kolumbien übliches Vorgehen der Schuldigen 😕

Es ist nicht das erste Mal, dass Jan beim Autotür zuschlagen unbemerkt einen Schuh verliert. So auch an diesem Unfalltag. Die Zeit des Stossverkehrs hat bereits eingesetzt und wir müssen 20 Kilometer in die „falsche“ Richtung fahren um den auf der Strasse liegen gebliebenen Schuh einzusammeln. Bis wir an diesem Tag endlich an unserem  Schlafplatz in Cota ankommen, dauert es dank einer weiteren Strassensperrung etliche Stunden.

mbo

Plan Oktober 2022

Nach unserer Einladung auf die Finca Río lindo in Viotá, wollen wir endlich unsere Fahrt in den tieferen Osten Kolumbiens fortsetzen.

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