Gefahrene Strecke: 2´107 Km
Route:
Provinz Chubut: Puerto Madryn
Provinz Río Negro: San Antonio Este - Caleta de los Loros - El Cóndor - Viedma - Las Grutas - Ingeniero Jacobacci - San Carlos de Bariloche (Colonia Suiza, Villa Catedral, Dina Huapi, u.a.)
Provinz Neuquén: Villa la Angostura
Provinz Río Negro: San Carlos de Bariloche - Dina Huapi
Die Seenlandschaft rund um S.C. de Bariloche, im Hintergrund der schneebedeckte Vulkan Tronador (im Vordergrund Marita mit Banda)
Es ist Mittwoch, der 31. März, als wir nach mehr als 10 Tagen von unserer erfolgreichen Orca-Beobachtung glücklich zurückkehren in die Zivilisation. Wir nisten uns auf dem ACA-Camping in der Stadt Puerto Madryn ein und überlegen uns welche Erledigungen als nächstes anstehen, bevor wir entlang des Atlantik langsam in nördliche Richtung weiterreisen.
Und dann erfahren wir die neuesten Nachrichten: Die Corona-Fälle in Argentinien verdoppeln sich schlagartig. Die Regierung ist im Begriff neue Massnahmen zu ergreifen um die schnelle Ausbreitung des Virus irgendwie und möglichst rasch in den Griff zu kriegen. Wir befürchten das Schlimmste. Wird es in Argentinien nochmal zu einem kompletten Lockdown kommen? Wir überlegen nicht lange. Für uns ist klar, sollte es soweit kommen möchten wir den Lockdown wieder bei unseren Freunden in Belén aussitzen. Deshalb füllen wir am 1. April unsere verbrauchten Lebensmittelvorräte und leeren Tanks auf und machen uns auf den Weg ins beinah 2‘000 Kilometer entfernte, uns wohlbekannte Städtchen Belén in der Provinz Catamarca.
Während des 1. April kontaktieren wir alle möglichen Menschen in Argentinien um eine Einschätzung zu bekommen, wie die befürchteten Restriktionen aussehen könnten. Einige Overlander halten unseren Plan nach Belén zurückzukehren tatsächlich für einen Aprilscherz. Andere Reisende wiederum bestätigen uns, sie würden wie wir ebenfalls zu ihrem alten Strandungs-Ort aufbrechen. Es gibt aber auch viele Gegenstimmen die sagen, einen totalen Lockdown wie in 2020 wird es nicht mehr geben. Viele Argentinier, auch Polizisten beruhigen uns mit ihren Aussagen es werde vielleicht ein Nachtfahrverbot oder Restaurant-Schliessungen geben, aber einen totalen Lockdown... Nein!
Was tun? Jan und ich beschliessen wenigstens die Provinz zu wechseln und landen letztendlich in San Antonio Este, das in der nächst nördlich gelegenen Provinz Río Negro liegt. Das Wetter ist sommerlich und die Atlantikstrände schön. Sollen die Argentinier doch erst mal entscheiden welche Restriktionen sie verhängen wollen, eh wir nach Belén aufbrechen. Wir jedenfalls geniessen jetzt erst mal den Sand und das Meer.
... verbringen wir also an der Atlantikküste Argentiniens. Genauer gesagt im Naturschutzgebiet „Caleta de los Loros“. Dieses Reservat dient hauptsächlich dazu die dort vielfältige heimische Fauna zu schützen. Neben den Landtieren wie z.B. Wildkatzen, Vizcachas und Pampa-Füchsen, gibt es Zig verschiedene Vogelarten. Ausserdem kann man bei Ebbe viele Weich-/Krebstiere wie z.B. Jakobsmuscheln oder Austern finden. Sogar Tintenfische gibt es hier. Mit ganz viel Glück sieht man Seelöwen, Seeelefanten oder Orcas. Bei Ebbe verwandelt sich Caleta de los Loros in ein Sumpfgebiet, in das man weit rein waten kann. Wirklich ein wunderschöner Ort um ein paar Tage zu verweilen.
Schnecken-Eier? Gibt’s das wirklich? Ja, das gibt es!
Wir wussten ja auch nicht was die Hühner-Ei-grossen Dinger da am Strand sind. Wir haben sie einfach mal fotografiert, die Bilder dann auf Instagram/Facebook gepostet und unsere Kontakte gefragt, ob sie uns da weiterhelfen können. Siehe da, der Argentinier Martin Diaz, den wir im Januar im Nationalpark Lanín kennen gelernt haben, schickt uns die Antwort: „Huevos de Caracol!!!!“. Zu deutsch: Eier der Schnecke!
Wir konsultieren das World-Wide-Web und finden schnell heraus, dass es diese spezielle Schneckenart nur entlang der Küste Südbrasiliens, Uruguays und Nordargentiniens gibt. Der lateinische Name lautet Adelomelon brasiliana, aber im Allgemeinen spricht man von der „Caracol negro“ (schwarzen Schnecke).
Fossile Funde bestätigen, dass diese Schneckenart etwa 5‘000 Jahre alt ist. Die Tiere können bis zu 16 cm gross und 20 Jahre alt werden.
Aber wie kommt es nun zu diesen Eiern? Nachdem die männliche Schnecke die weibliche befruchtet hat, bildet das Weibchen ausserhalb ihres Körpers eine Fruchtblase, die mit einer nahrhaften Flüssigkeit und 9 - 33 Embryonen gefüllt ist. Eigentlich findet dieser Prozess im Frühling/Sommer statt, aber da der Herbst dieses Jahr sehr mild ist, können wir dieses Phänomen glücklicherweise auch noch jetzt erleben. Findet man diese Eier am Strand, befinden sich die Mini-Schnecken bereits kurz vor der Schlüpf-phase.
Schon seit mehreren Wochen haben wir bei eingeschaltetem Allrad ein hässliches Klopfen im Vorderradantrieb. Bei jedem Lastwechsel gibt es einen fürchterlichen Schlag, den sogar unsere Füsse noch zu spüren kriegen. Im März waren wir damit beim 4x4-Spezialisten in der Stadt Neuquén, aber da man in Argentinien den Sprinter in der Allrad-Version nicht kennt, traut sich keiner an unser Getriebe. Schon gar nicht ohne Ersatzteile, die es in diesem Land ohnehin nicht gibt.
Nachdem wir an der Atlantikküste eine kilometerlange Strandfahrt durch weichen Sand gemacht haben und dieser schreckliche Lärm aus dem Allrad-Antrieb nicht mehr auszuhalten war, haben wir beschlossen jetzt muss was geschehen. Wenn wir so weitermachen fliegt uns am Ende der Allradantrieb noch um die Ohren. Bei der Suche nach einem Mechaniker in Argentinien, der sich mit 4x4-Sprinter auskennt, helfen uns wiederum die Social Media. Über die Facebook-Gruppe „Club de la Sprinter Argentina“ wird uns ein Mechaniker empfohlen, der seine Werkstatt im 800 km westlich von hier gelegenen San Carlos de Bariloche hat. Wir rufen den Mann an, klären vorab ob er sich tatsächlich mit Allrad-Sprinter auskennt und kündigen uns für kommende Woche an.
Wir rätseln woher wohl diese Geräusche genau kommen. Auch Klemens von „4x4 Panda“ hilft bei der Suche nach dem Übel… aber es kommt sowieso anders als gedacht.
Auf unserem Weg von der Atlantikküste nach San Carlos de Bariloche führt uns die Ruta Nacional 23 stets entlang einer Eisenbahnspur. Die Gleise führen über nicht sehr vertrauenswürdige Brücken, über die wir nicht mal mit unserem Indi fahren würden. Ausserdem sieht die Bahnstrecke teilweise so verwachsen aus, dass wir annehmen sie ist stillgelegt.
Wie es der Zufall will, finden wir unseren Übernachtungsplatz direkt am alten Bahnhofsgebäude mitten im Dorf Ingeniero Jacobacci. Es ist Freitagabend und obwohl Wochenende bleibt die Nacht ruhig und wir schlafen gut. Bis es am Samstagmorgen plötzlich laut tutet. Was ist das? Hören wir da tatsächlich einen Zug? Wir stehen auf und gehen nach draussen. Wir trauen unseren Augen nicht. Da steht er, der Patagonia Express. Noch nie haben wir von ihm gehört und jetzt lernen wir ihn persönlich kennen. Unfassbar für uns, dass doch so ein schwerer Zug auf der Strecke verkehrt die wir entlang der RN 23 gesehen haben. Der Patagonia-Express durchquert den Süden von Argentinien 2 x pro Woche. Er fährt dann von Viedma am Atlantik bis nach Bariloche an den Anden und dreht dort wieder um. Eine Fahrt auf dieser Strecke dauert ca. 18 Stunden.
Zufälligerweise lernen wir am Bahnhof in Ingeniero Jacobacci die historische Dampf-Eisenbahn „La Trochita“ kennen. Diese Schmalspurbahn verbindet seit 1945 den Ort Ingeniero Jacobacci mit der Stadt Esquel. Mehr als 20 Jahre dauerte damals der Bau der 402 Kilometer langen und über 600 Kurven reichen Bahntrasse, denn der war reine Handarbeit. Nur mit Pickel, Schaufel und Sprengstoff wurde diese Strecke realisiert. Heute allerdings ist die Dampflokomotive mit ihren Holz-Waggons nur noch als Touristenattraktion unterwegs.
Dem Gleis entlang einmal nach Links und einmal nach Rechts geschaut
Wir lassen uns beim Mechaniker unseres Vertrauens aber dennoch einen Termin geben da er festgestellt hat, dass beide Kugelgelenke der Vorderachse total ausgeschlagen sind. Da der Sprinterspezialist und sein Sohn sehr gefragt sind bekommen wir den Termin allerdings erst am Dienstag, den 20. April. Einen weiteren Tag später lassen wir noch die Spur am Fahrzeug neu einstellen und dann kehren wir Bariloche endlich den Rücken. Wir wollen nordwärts, denn hier im Süden wird es wettertechnisch langsam ungemütlich - der Winter naht. Wie es der Zufall will treffen wir 100 Kilometer nördlich von Bariloche auf einen Menschen der uns sagt, wie wir unkompliziert und schnell ein Ersatzteil aus Chile nach Argentinien bestellen können. Also rufen wir sofort unseren Mechaniker Miguel an und machen einen neuen Termin ab. Er ist die nächsten Tage ausgebucht und gibt uns einen Termin am Donnerstag, den 29. April. Wir müssen also eine weitere Woche bei herbstlichen Wetterverhältnissen warten.
Kaum in San Carlos de Bariloche angekommen melden wir uns beim Mechaniker. Leider hat er erst am Dienstag Zeit um sich unseren Indi anzuschauen. So rollen wir am Nachmittag des 13. April bei ihm in die Werkstatt. Auf dem Gelände stehen viele Sprinter rum, uns scheint dem Mann mangelt es sicher nicht an Arbeit.
Nach einer kurzen Inspektion ist für den Profi der Fall klar: im Differenzial des Vorderradantriebs muss etwas gebrochen sein. Was es genau ist kann er aber erst sagen, wenn er das komplette Getriebe demontiert hat. Die Idee: Getriebe demontieren - Ersatzteil bestellen - repariertes Getriebe wieder montieren. Da ist allerdings noch ein klitzekleines Problem: in ganz Argentinien gibt es kein Ersatzteil für ein Allradgetriebe der Marke Oberaigner. Wir haben alles versucht eins aufzutreiben, aber ohne Erfolg.
Wir wissen die nötigen Teile gäbe es im nahen Chile bei der Firma Mercedes Kaufmann, aber die Grenzen sind dicht und somit haben wir keine Chance auf eine schnelle Reparatur. Nun fragst Du dich lieber Leser bestimmt, warum bestellt Ihr das Ersatzteil nicht einfach aus einem anderen Land nach Argentinien? Man kann es bestellen, es wird auch geliefert, aber da ist die Sache mit der Zeit und dem Zoll. Bei Importwaren ab einem Wert von umgerechnet etwa 50€ kostet die Zollabgabe 50%. Als Beispiel: ist das Teil 100€ wert, kostet der Zoll zusätzliche 50€. Ausserdem braucht die Verzollung Zeit, viel Zeit! Würde man heute im 100km entfernten Osorno (Chile) ein Teil an uns versenden, käme es frühestens in einem Monat hier in Bariloche an, frühestens! Und das wissen wir aus erster Hand, da wir persönlich bei der Aduana in Bariloche vorgesprochen haben. Tja, und jetzt? Wir telefonieren mit dem hilfsbereiten Herr Januzovic vom ADAC. Nur schon die Lieferung der Ersatzteile von Deutschland nach Buenos Aires würde bereits 1‘400€ kosten. Da ist noch keine Verzollung, noch kein Agent und noch keine Weiterleitung nach Bariloche dabei. Dazu kommt, den zeitraubenden Zollprozess könnte Herr Januzovic wahrscheinlich auch nicht beschleunigen. Es ist frustrierend! Wir lassen die Köpfe hängen und sehen keinen Ausweg. Wir müssen uns wohl damit abfinden zukünftig mit einem Sprinter 4x4 rumzufahren, ohne Allradantrieb.
Am 30. April kommt die nächste Hiobs-Botschaft: Geht nicht! Was „geht nicht!“? Die Chefin der Ersatzteilstelle bei Mercedes Kaufmann in Osorno erklärt uns, dass es diese Zahnräder - die wir da bestellen wollen - einzeln nicht gibt. Sie verkaufen das Getriebe ausschliesslich komplett und das kostet umgerechnet | Wie bitte? Das kann nicht wahr sein. Niemals werden wir so viel Geld für ein komplettes Ersatzteil ausgeben. Was sollen wir tun? Werden wir eine Lösung finden? Wir hoffen sehr im Mai-Bericht können wir positiv über das Ende dieses komplizierten Falles berichten.
Es ist der 29. April, es kommt die Stunde der Wahrheit. Heute demontiert Miguel das komplette vordere Allradgetriebe (was äusserst aufwändig und zeitraubend ist) und findet den Defekt. Er hat sich getäuscht, denn der Fehler liegt ganz woanders als er ursprünglich angenommen hatte. Es ist gar nichts abgebrochen, sondern die Zahnräder im Getriebe sind sehr stark abgenutzt. Er demonstriert uns genau was jeweils den Schlag verursacht hat, den wir während jedem Lastwechsel laut gehört und unter den Füssen gespürt haben. Ausserdem ist das Öl im Getriebe völlig verbraucht, man hätte es längst ersetzen müssen. Wir setzen uns also mit Mercedes Kaufmann in Osorno in Verbindung und bestellen die Teile. Derweil baut Miguel und sein Sohn das Fahrgestell unseres Sprinter wieder notdürftig zusammen, so dass wir wenigstens mobil sind während wir auf die Ersatzteile aus Chile warten.
Die Stadt San Carlos de Bariloche ist für argentinische Verhältnisse eine Grossstadt und eine weltbekannte Touristenmetropole dazu. Warum? Die Landschaft mit ihren hohen Bergen und den tiefblauen Seen ist ein Traum. Im Sommer ein Wanderparadies, im Winter eine Skisport-Hochburg. Für Touristen wird hier viel geboten.
Es gibt die Colonia Suiza, die ursprünglich von Schweizern gegründet wurde. Hier findet jeden Mittwoch und Sonntag ein Markt statt, bei dem man viele Dinge mit Schweizer Flagge kaufen und sich kulinarisch verwöhnen lassen kann.
Es gibt einen Erlebnis-Bauernhof der von dem ausgewanderten Paar Ute & Gerhard und deren Kindern geführt wird. Nebst den vielen Tieren im Streichelzoo bietet die Familie im Hofladen frisches Obst und Gemüse, selbst Eingemachtes, bis hin zu Quark und Sauerkraut an. Immer Samstags und Sonntags ab 16:00 Uhr gibt es auf dem Hof „Kaffee & Kuchen“, was typisch Deutsch ist. Dieses Angebot nutzen wir selbstverständlich mehrere Male.
Ein weiteres Highlight in S.C. de Bariloche ist das Treffen mit lieben altbekannten und neuen spannenden Overlandern. Wir treffen bereits ein drittes Mal unsere Freunde Nicole & Pit (SwissOverlander.ch) und lernen neu die Reisenden Birgit & Klemens aus Innsbruck kennen (4x4panda.at).
Wenn wir gerade nicht in und um Bariloche unterwegs sind, müssen wir uns im Monat April mit technischen Problemen unserer Homepage rumschlagen. Die will nicht so recht wie sie soll und die Gestaltung ist mühsam. Das CMS-System hat aufgrund eines komplett neuen Release grosse Probleme und das kostet uns (vor allem Jan) doch einige Zeit. Wir hoffen in Zukunft ist die Arbeit mit unserer Homepage unkomplizierter und die Publikation der einzelnen Berichte wird einfacher und schneller. Letztendlich sollst Du als Besucher und Leser unserer Webseite von diesen Neuerungen profitieren.
Seitdem wir zu erfolgreichen Joghurt-Herstellern mutiert sind plagt uns die Frage, können wir nicht auch Quark selber machen? Den gibt es in Argentinien nämlich so gut wie nirgends. Tatsächlich finden wir im Internet ein Rezept wie man ganz einfach Quark selber produzieren kann. Man rühre Zitronensaft in 1 Liter Milch und filtere das ausgeflockte Eiweiss durch einen Kaffeefilter. Zum Schluss bleiben 200g Quark und 800g Molke übrig. Hört sich sehr einfach an, ist aber letztendlich eine riesen Sauerei, für die man eine Unmenge Geduld braucht. Einmal ausprobiert, hängen wir dieses Vorhaben aber wieder an den Nagel und entscheiden uns für ein Argentinien ohne Quark.
Wir möchten unbedingt weg aus dem bereits sehr kalten Patagonien und in den wärmeren Norden fahren. Aber dazu muss erst unser Indi repariert werden…
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