Gefahrene Strecke: 2´918 Km
Route:
Argentinien, Provinz Misiones: Puerto Rico - Ruinas Jesuíticas de Loreto - Posadas
Paraguay: Encarnación - La Colmena - Villarrica - Independencia - La Colmena - Salto Cristal - Hohenau - Obligado - Ruinas Jesuíticas de la Santísima Trinidad - Ruinas Jesuíticas Jesús de Tavarangué - Encarnación - Hohenau - Encarnación - Altos - Mariscal Estigarribia - Lagerenza‘i - Hito IV Frontera Paraguay/Bolivia - Filadelfia
… ist jedes Jahr ein ganz besonderer Tag. Es ist nicht nur Indis Geburtstag (er wird 8 Jahre alt), er ist auch der Schweizer Nationalfeiertag. Für diesen Zweck machen wir uns auf in das Einwanderer-Städtchen Puerto Rico, in dem sowohl viele Nachkommen Deutscher als auch Schweizer Immigranten leben. In Puerto Rico machen wir uns auf die Suche nach Käse. Egal ob Raclette oder Fondue, Hauptsache Käse mit dem wir den 1. August feiern können.
Während ich von Laden zu Laden laufe um etwas Brauchbares zu finden, wird Jan im Indi von einem netten Herrn angesprochen. Darío Lüscher hat Wurzeln in der Schweiz. Er erzählt uns von seiner Zeit als Metallarbeiter in Jona (1989-95). Tatsächlich hat er damals sogar 2 Jahre lang in der Buechstrasse in Rüti gelebt. Wer Rüti kennt weiss, die Buechstrasse war keine 300 Meter von unserem Haus entfernt. Hätten wir damals schon in Rüti gewohnt, wäre Darío unser Nachbar gewesen. Unglaublich dieser Zufall. Ein Grund mehr für eine kleine Feier. So kommt es, dass wir den Schweizer Nationalfeiertag mit der lieben Familie Lüscher in Puerto Rico (Argentinien) zelebrieren. Allerdings gibt es keinen Käse, sondern leckeres Asado.
Etwa 20 Kilometer südlich von Puerto Rico gibt es eine Schweizer Schule, welche von Daríos zwei Töchtern besucht wird (www.ilc.edu.ar). In dieser Schule wird u.a. Handwerk und Agrarwissenschaft gelehrt. Die Schüler dieses Instituts lernen z.B. auch Milchprodukte zu produzieren und da es sich um eine Schweizer Schule handelt, selbstverständlich auch Raclette-Käse. So schenkt uns die sympathische Familie Lüscher zum Abschied Raclette-Käse made in Argentina, den wir sonst nie gefunden hätten.
Herzlichen Dank an Darío & Gisela mit ihren Töchtern Alessandra & Ariana für diesen unvergesslichen 1. August.
Die Jesuitenreduktion von Loreto liegt auf unserem Weg nach Posadas. Hier in Loreto, inmitten des inneratlantischen Regenwaldes, haben Jan und ich am 31. Dezember 2016 Sylvester gefeiert. Wir sind sehr gespannt, ob Marcelo, der Führer den wir damals in der Ruine kennengelernt haben, noch hier arbeitet. Marcelo war damals unsere allererste Argentinische Bekanntschaft und er war es auch, der uns damals in den Brauch des „Mate-Trinkens“ eingeführt hat.
Als wir an der Jesuiten-Mission ankommen ist Marcelo gerade mit 2 Touristen unterwegs, denen er die Anlage zeigt. Wir treten ein und machen uns auf die Suche nach ihm. Tatsächlich finden wir ihn kurze Zeit später. Im ersten Moment kann er uns nicht zuordnen. Als wir ihm aber vom damals mitgebrachten Brasilianischen Mate erzählen und kurz erklären wer wir sind, fällt bei ihm der Vorhang. Er freut sich sehr über das unerwartete Wiedersehen. Nach seinem Feierabend verbringen wir wie damals vor 4 Jahren einige gemütliche Stunden zusammen und quatschen viel - selbstverständlich trinken wir Mate, diesmal allerdings Argentinischen und jeder seinen eigenen.
Endlich! Nach 506 Tagen in Argentinien ist es am 4. August endlich so weit ▶︎
… und dafür müssen wir einige Vorbereitungen treffen. Die Argentinische Migración verlangt von uns für die Ausreise einen Online-Antrag, der eine Transit-Nummer generiert. Mit dieser Nummer werden wir Argentinien verlassen können. Für die Abfertigung unseres Fahrzeuges beim Zoll benötigen wir nichts Weiteres. Nur das TIP.
Paraguay verlangt für die Einreise ebenfalls das Ausfüllen eines Online-Dokuments und einen negativen PCR-Test, welcher nicht älter als 72 Stunden sein darf. Des weiteren müssen wir in eine 5-tägige Quarantäne, welche wir mit einem negativen Corona-Test beschliessen können.
Gut organisiert und alles beisammen fahren wir im argentinischen Posadas an die wie ausgestorben wirkende Grenze. Von den etwa 10 Abfertigungsstellen ist nur eine offen und wir sind die einzigen Ausreisewilligen (wie es scheint). Dort geben wir mit unseren Pässen die online ausgestellte Transit-Nummer ab und müssen erst mal warten. Aus einer Person an der Migración werden zwei und aus zwei werden drei. Stimmt was nicht? „Ihr Visum ist abgelaufen!“ Nein, das kann nicht sein. Mit jeder Verlängerung der Quarantäne durch den Präsidenten wurde doch auch das Visum automatisch verlängert. Tja, diese Regel hat sich am 9. Juli von heute auf morgen spontan geändert. Dies bedeutet, dass wir uns seit 4 Wochen illegal im Land Argentinien befunden haben und nun eine Anzeige erhalten, auf die eine Geldstrafe folgt. Wir sind entsetzt, aber so ist es. Wenn wir die Strafe nicht bezahlen, werden wir nie mehr nach Argentinien einreisen können, teilt uns die Chefin dieser Grenze mit. Wenn die Migración schon so ein Theater macht, wie wird der Zoll reagieren wenn wir mit unserer monatelangen überzogenen temporären Import-Lizenz des Fahrzeuges aufkreuzen. Das möchten wir jetzt abklären, bevor wir uns definitiv von der Einwohnerkontrolle verabschieden. Die Dame am Zoll ist völlig entspannt und lacht über die Probleme der Migración. Für die Aduana ist unsere Ausreise völlig in Ordnung. Sie wird unseren Indi aus dem System austragen und die Sache ist geritzt. Okay, dann zurück zur Migración und die Anerkennung zur Schuld unterschreiben. Dann sind wir entlassen.
Kaum auf der Puente Internacional, die Paraguay mit Argentinien verbindet, entsteht in uns ein Gefühl, das wir so schon lange nicht mehr hatten: Wir sind frei! Dazu überglücklich wieder unterwegs zu sein und neue Länder kennen lernen zu können. Eine kleine Freudenträne bahnt sich ihren Weg über die Wange.
Die Einreise nach Paraguay ist unkompliziert und einfach. Es dauert keine halbe Stunde, heissen uns die Paraguayaner willkommen und wünschen uns eine gute Fahrt in die Quarantäne ;-)
Von der Stadt Encarnación sind es etwa 260 Kilometer zu unserem Quarantäne-Standort, den wir im „Posadas Tranquilo“, nahe des Ortes La Colmena finden. Dieser Campingplatz wird von einer jungen französischen Familie geführt, die sich endlich mal wieder über ausländische Gäste freuen darf. Mit offenen Armen empfangen uns hier auch Renate & Bruno Furer (www.Pepamobil.ch), die wir schon jahrelang kennen, aber ewig nicht mehr getroffen haben. Diese nette Gesellschaft macht uns das Ankommen in Paraquay leicht und die Quarantäne unterhaltsam.
Von Renate & Bruno erhalten wir die ersten Ersatzteile, welche wir schon im Jahr 2020 nach Paraguay haben schicken lassen. Jetzt ist unsere Klo-Kassette wieder komplett dicht und unser Grauwassertank tropft nicht mehr.
Die neue Schieberdichtung des Grauwassertank wird montiert. Natürlich ist diese erst nicht dicht… wie immer hat Bruno die richtige Lösung parat.
Paraguay besitzt eine Fläche von 406’752 km2 und ist damit ein kleines bisschen grösser als Deutschland und die Schweiz zusammen. Die Einwohnerzahl beträgt allerdings nur etwa 7 Millionen (vs. 91 Millionen in D und CH). Das Land gehört zur Dritten Welt, was man als Tourist jedoch erstmal überhaupt nicht wahrnimmt. Geht man in einen Supermarkt bekommt man alles was das Herz begehrt und noch mehr. Nach den 16 Monaten in Argentinien erscheint uns das günstige Einkaufsparadies Paraguay wie ein Traum. Alleine die Wurst- und Fleischauslage beim Metzger ist schön präsentiert und die Auswahl reichhaltig. Wir finden Obst und Gemüse in einer Vielfalt, die wir in Argentinien manchmal vermisst haben. Uns quellen die Augen über.
Bedingt durch die vielen europäisch stämmigen Auswanderer die hier leben, wird im Land sehr gute Arbeit geleistet. Gut ausgebildete Handwerker und ein serviceorientierter Gedanke für den Kunden lassen es an Nichts fehlen.
Da Paraguay mit Europa kein Auslieferungs- und Steuerabkommen hat, findet man hier unter den Auswanderern sicher auch das ein oder andere schwarze Schaf, das hier mit seiner Familie untergetaucht ist. Darunter auch Deutschstämmige, die aus Ihrer Hitler-Verehrung kein Geheimnis machen. Die unglaublich vielen Deutschsprachigen leben zum Teil schon in der 3. oder 4. Generation hier. Es scheint die Einwanderungswelle hält noch an, denn bis zum heutigen Tage kommen immer noch mehr Deutsche und Schweizer nach Paraguay um sich hier eine neue Existenz aufzubauen oder den Ruhestand zu verbringen.
Das Land ist relativ sauber, wir sehen wenig Müll in der Landschaft. Die Häuser sind ordentlich gebaut und die Anzahl geteerter Strassen nimmt rasant zu. Nichts desto trotz sind die Seitenstrassen jedoch oft in sehr schlechtem Zustand (Sand, Löcher, ausgespülte Fahrrinnen, Bäume und Sträucher die die Wege schwer passierbar machen,…).
Selbstverständlich gibt es hier auch noch das Volk der Guaraní und andere indigene Stämme, die immer mehr in die Verdrängung geraten und denen man ihren natürlichen Lebensraum wegnimmt. Vor allem im Gebiet des Gran Chaco, wo vor wenigen Jahrzehnten noch alles mit Busch und Wald bedeckt war, schieben heute schwere Bulldozer tausende von Hektaren Wald in die Vernichtung. Dies ist nicht nur für die Ureinwohner ein Problem, sondern auch für die unglaublich vielfältige Fauna. Wildkatzen wie Jaguar oder Puma, Rehe, Tapire, Ameisenbären u.v.a. Tiere finden keinen Lebensraum mehr und dezimieren sich stark.
Paraguay ist sicher kein „must see“, aber wir finden es mega aufregend und sehr interessant.
In Ostparaguay, nämlich in der Region um die deutsche Kolonie Hohenau lernen wir deutschsprachige Paraguayer kennen, welche vor 2 Generationen über Brasilien nach Paraguay eingereist sind. Die Brüder Lauro und Oswald Krug sind Nachkommen des Stadtbegründers von Hohenau. Mit den beiden und Ihren Frauen verbringen wir einen wunderbaren Abend, und werden verwöhnt mit deftigem Asado.
Oswald lädt uns ein, mit ihm und Romy seine Estancia im Chaco zu besuchen. Wir fackeln nicht lange und sagen direkt zu. Den Gran Chaco wollten wir eh schon lange Mal kennen lernen. Auch Renate & Bruno begleiten uns mit Ihrem Lastwagen in die „grüne Hölle“.
Der Chaco ist für seine extrem heissen Temperaturen bekannt, deshalb nutzen wir ein Temperatur-Tief für unseren Besuch dieser Region. „Nur“ angenehme 25 Grad erwarten wir die Tage, also düsen wir los und rollen die 1‘300 Kilometer in den äussersten Nordwesten des Landes.
Die Trans-Chaco, welche Paraguay mit Bolivien verbindet, ist geteert, hat aber teilweise tiefe Schlaglöcher. Die Fahrt verlangt äusserste Konzentration vom Fahrer. Der Trans-Chaco wird aktuell zu einer Autobahn ausgebaut, das bedeutet dass wir häufig durch Baustellen fahren und teilweise sehr staubige Ausweichstrassen nehmen müssen. Bei der Kleinstadt Mariscal Estigarribia verlassen wir den Trans-Chaco nordwärts und sind ab hier weitere 350 Kilometer auf Erdstrassen unterwegs. Tags zuvor hat es noch etwas geregnet. Das Gute, es staubt nicht so arg. Das Schlechte, ist der Matsch der uns das Reifenprofil füllt und wir wie auf Eis dahin schlittern. Da heisst es dann aufpassen, dass einen das Hinterteil nicht überholt. Aber mit einem routinierten Fahrer am Steuerrad meistern wir diese Passagen ohne Probleme.
Nicht zu übersehen und auffallend schön sind die unzähligen Florettseidenbäume. Sie gelten als Wahrzeichen des Chaco und werden von den Paraguayer Samu’ú genannt. Der oft flaschenförmige Stamm des Baumes ist innen faserig und kann für die Trockenzeit sehr viel Wasser speichern. Der lustigen Stammform hat der Flaschenbaum seinen spanischen Trivialname Palo borracho zu verdanken, was so viel bedeutet wie „betrunkener Baum“. Seine rosafarbenen Blüten verkapseln sich zu faustgrossen birnenförmigen Früchten. Wenn sie reif sind platzen sie auf und weisse seidige Fasern quellen heraus. In denen stecken wiederum die Samen, die durch den Wind in der Natur verteilt werden.
Im Chaco des Alto Paraguay haben wir zwei Standorte. Zuerst sind wir bei Oswald und Romy auf der Estancia. Sie halten dort auf 700 Hektar Weidefläche 600 Stück Vieh (1 Rind ≈ 1 Hektar). Sie mussten für die Tiere einige Wasserstellen schaffen, was in dieser unwirtlichen Gegend eine echte Herausforderung ist. Neben den Rindern gibt es auf dem insgesamt 5‘500 Hektar großen Grundstück noch einige Pferde, mehrere Hühner, zwei Hunde und eine sehr rollige Katze. Banda schliesst gute Freundschaft mit der Mitzi. Diese würde sich von Banda am Liebsten begatten lassen so brünstig ist sie. Ständig reckt sie unserer Hündin ihr Hinterteil entgegen.
Auf der Estancia hat Oswald zwei Angestellte. Die beiden Männer sehen nach dem Rechten wenn Oswald nicht da ist.
Während unserem Aufenthalt werden wir von Romy mit feinem Locro und traditionellem Borí Borí mit Huhn (frisch geschlachtet versteht sich) bekocht.
Unser zweiter Standort im Alto Paraguay ist am Hito IV direkt an der Grenze zu Bolivien. An dieser Stelle liegt eine der wenigen Wasserstellen, die noch etwas Wasser führen. Genauer gesagt ist es eigentlich nur noch ein Drecktümpel, aber immer noch genug feucht um wilde Tiere vor dem Verdursten zu retten. Hier haben wir gute Chancen Tiere zu beobachten. Während wir am Wasserloch sitzen entdecken wir ganze Vogelschwärme, die sich wild in das Nass stürzen. Ein Reh kommt vorbei und zwei Mal auch eine Herde von 20-30 Wildschweinen, auf die wir so sehr gewartet haben. Oswald erklärt uns, das sind Halsband-Pekari. Eine Wildschwein-Art die in tropischen Regenwäldern und in Trockenbuschgebieten Mittel- und Südamerikas leben. Wildkatzen sehen wir leider keine. Nur Spuren zeugen von der Anwesenheit dieser grazilen Vierbeiner.
In den nächsten Tagen steigen die Temperaturen wieder auf bis zu 40 Grad und deshalb wird es Zeit für uns den hohen Chaco zu verlassen.
Was bedeutet „wir waren am Hito IV“? Die Grenze zwischen Paraguay und Bolivien hat einige „Ecken“. Jede Ecke ist im Uhrzeigersinn durchnummeriert. Und wir waren eben an der Ecke Nummer 4.
Des weiteren fügen wir einen Link zu einem interessanten Bericht von Detlef Urban an, der die Geschichte der Missionen in Südamerika kurzweilig erklärt. Seine Routen und Erfahrungen stimmen in vielen Punkten mit unseren Eindrücken überein (https://www.deutschlandfunk.de/das-suedamerikanische-utopia-des-18-jahrhunderts.1242.de.html?dram:article_id=246102)
mbo
Das Warten auf die Ersatzteile (welche aufgrund des niederen Wasserpegels im Río Paraná nicht weitertransportiert werden können) hat hoffentlich bald ein Ende.
Dann bringen wir unseren Indi wieder auf Vordermann und dann…? … sehen wir weiter.
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