Reiseroute:
Grenzübergang Argentinien ➤ Chile über den Paso Agua Negra - Vicuña - La Serena/Coquimbo - Huasco - Copiapó - Parque Nacional Pan de Azúcar - Salar Pedernales - Zollstation Chile am Paso San Francisco - über Ruta 5 (Panamericana) zum Grenzübergang Chile ➤ Argentinien am Paso de Jama - Purmamarca - Salta - Cafayate - Santa María - Belén
Anden in unterschiedlichen Formen und Farben - so wie wir sie lieben.
Im Jahr 2017
Der Monat März beginnt für uns auf einem der schönsten Pässe der Anden, den Paso Agua Negra. Ganz gezielt haben wir für die Fahrt nach Chile diesen Pass ausgewählt. Denn bereits im Jahr 2017 hat uns dieser landschaftlich einzigartige Grenzübergang mit seinen kräftigen Farben überwältigt.
Waren wir damals von West nach Ost, sind wir heute in die Gegenrichtung unterwegs. Zwar wieder etwa zur selben Jahreszeit, aber diesmal zu anderer Tageszeit. Jan und ich sind uns einig, es spielt keine Rolle in welche Richtung man auf der Strecke unterwegs ist, es kommt auf die Tageszeit an. Die stündlich wechselnde Sonneneinstrahlung ist das ausschlaggebende Kriterium, welche die Schönheit dieser Natur ins richtige Licht zu setzen vermag. Je nachdem um wieviel Uhr man sich auf der Strecke befindet, leuchten die Berge in den unterschiedlichsten Farbtönen.
Wir planen für diese besondere Andenquerung genug Zeit ein und nehmen damit auch eine Übernachtung auf einer Höhe von 3‘500 MüM in Kauf. Bei manchen Streckenabschnitten drehen wir sogar um und fahren sie ein zweites Mal, nur um die gewaltige Natur auf uns doppelt wirken zu lassen.
Auf was wir uns an diesem Pass besonders freuen? Auf den Büßerschnee! Diese natürlich gewachsenen Eisskulpturen haben uns vor 3 Jahren schon so sehr beeindruckt, dass wir diesmal nach jeder Serpentine gehofft haben sie nun endlich wiederzusehen. Obwohl dieser Pass über eine Höhe von 4‘750 MüM führt und es hier trotz Sommerzeit empfindlich kalt ist, finden wir das Büßereis nur fernab der unbefestigten Passstrasse und zwar weit oben über uns in den Berghängen. Uns wird klar, auch hier in Südamerika macht die Klimaerwärmung nicht Halt, denn die Flächen des Büßerschnees sind deutlich zusammengeschrumpft und das Eis längst geschmolzen.
Chile begrüsst uns
auf der Passhöhe
Kurz nach der Passhöhe des Paso Agua Negra auf 4´750 M.ü.M.
Der Blick von einem Parkplatz -
von Sonnenauf- bis Untergang wechseln die Farbtöne
Die Sicht eines Kondors auf unseren Indi
3 Jahre später im 2020
Bei Einreise nach Chile sind die Zöllner sehr heikel. Das ist uns glücklicherweise nicht neu, denn während unserer Honeymoon-Reise haben wir x-Mal die Grenzen nach Chile passiert. Die Grenzer kontrollieren ganz genau was für Lebensmittel man im Gepäck hat. An der einen Grenze fällt die Kontrolle strikter aus, an der anderen kulanter. So wissen wir bis heute bei manchen Lebensmitteln nicht genau, ob sie erlaubt sind oder nicht. Was wir sicher wissen: ungekochte Wurst- und Fleischwaren, rohes Obst und Gemüse und Honig sind definitiv nicht erlaubt. Wo wir uns unsicher sind: Gewürze und Popcorn-Mais. Mal nehmen uns die Grenzer den Oregano weg, aber der Thymian bleibt... manchmal gibt es ein Augenzwinkern des Grenz-Angestellten und wir dürfen den Popcorn-Mais behalten... Diese flexible Handhabung des Lebensmitteleinfuhrgesetztes macht die Grenze nach Chile immer wieder spannend und wir sind jedes Mal überrascht, was wir dann doch behalten dürfen oder was wir dann wieder an der Grenze zurücklassen müssen.
Ein kleiner Auszug aus unserer Einkaufsliste
Ausserdem zu erledigen:
Kümmern wir uns erstmal um die Schuhe: Den Schuster für die Reparatur von Jans Wandersandalen finden wir relativ schnell im Zentrum der Stadt La Serena. Beim Schuster im Marktgebäude „La Recova“ können wir die geklebten Schuhe innerhalb von 24 Stunden wieder abholen. Die Suche nach Wanderschuhen für Marita gestaltet sich wesentlich schwieriger. Weil Frau, möchte man nicht nur zweckmässig und bequeme Wanderschuhe, sondern auch welche die nicht so schlimm aussehen und das ist das Problem. Denn Frauenschuhe gibt es in Chile allem Anschein nach nur bis Grösse 40. Mit einer Schuhgrösse von 41 (bei Sport- oder Wanderschuhen gerne auch mal 1/2 bis 1 Nummer grösser) muss ich mich bei den Herrenschuhen umsehen und das macht nun überhaupt keinen Spass. Ich weiss nicht mehr wie viele Einkaufszentren wir in ganz Coquimbo und La Serena besucht haben, aber letztendlich waren wir ganze 2 Tage mit der Wanderschuh-Suche beschäftigt um dann ein einigermassen ordentliches Paar für mich zu finden. Immerhin war es mit umgerechnet rund 30 € relativ günstig, was die Einkaufsstimmung wenigstens ein bisschen aus dem Keller geholt hat.
Für den Einkauf der Lebensmittel gehen wir in den uns wohl bekannten Lider-Supermarkt. Wir wissen noch von der letzten Reise, dass es dort sehr guten Kaffee zu einem vernünftigen Preis gibt. Wir haben uns direkt mit 3 kg Bohnen eingedeckt und wir freuen uns schon sehr darauf, nun endlich unsere neue manuelle Kaffeemühle zum Einsatz kommen zu lassen.
Die Suche nach den Sitzkugeln gestaltet sich als äusserst schwierig. Wir fragen erfolglos in etlichen Geschäften nach, ob sie so was haben. Auch die Antworten der von uns befragten Taxifahrer, die selbst so ein Teil auf dem Fahrersitz besitzen, helfen uns nicht weiter. Diese Sitzkugeln finden wir trotz intensiver Suche und der vielen investierten Zeit hier in Coquimbo, bzw. La Serena leider nicht.
Für die Plastikboxen gehen wir in der Stadt Coquimbo zu „Sodimac“. Dies ist eine chilenische Baumarktkette, etwa vergleichbar mit unserem Hornbach oder Obi. Nebst dem Kauf der Plastikboxen erwartet uns hier ein kurzes Schauspiel: und zwar erleben wir einen Räuber bei der Flucht. Obwohl das komplette Areal des Sodimac-Marktes inklusive Parkplatz eingezäunt und bewacht ist, gelingt es doch einem Räuber mit Diebesgut aus dem Markt über den Parkplatz auf die Strasse zu fliehen. Der schnaufende Sicherheitsbeamte verfolgt ihn zwar in rasantem Tempo, kann aber den Flüchtigen nicht einholen. In diesem Fall hat der Dieb gewonnen. Was lernen wir aus dieser Situation? Auch in einem bewachten Supermarkt mit Sicherheitskräften sind wir vor Dieben nicht sicher. Also immer gut auf den Geldbeutel aufpassen!
Für unser Vorhaben in La Serena in einem Waschsalon unsere Wäsche zu waschen benötigen wir sehr, sehr viele Münzen. Unsere Recherche im Vorfeld hat nämlich ergeben, dass man die Maschinen im Salon nur mit 100er und 500er Peso-Stücke bedienen kann und im Waschsalon gibt es keinen Geldwechsel-Automat. Auch haben wir vorher abgeklärt, ein Waschgang kostet 2‘500 CLP und das Trocknen schlägt mit 2‘000 CLP zu Buche. Wir planen 3 Maschinen zu waschen und werden 2 x den Trockner benötigen. Das heisst wir brauchen Kleingeld im Gesamtwert von 11‘500 Chilenische Peso (CLP). Das entspricht 23 x 500 CLP-Münzen oder 115 x 100 CLP-Münzen. Für den Geldwechsel fragen wir im Jumbo-Supermarkt nach. In jedem Supermarkt gibt es junge Leute, die an der Kasse ihr Taschengeld aufbessern. Wie? Sie verpacken für den Kunden die eingekauften Waren in Tüten oder Kartons. Im Gegenzug erhalten sie als Dank vom Kunden ein kleines Trinkgeld. Das heisst für unser Geldwechsel-Vorhaben, diese Waren-Verpacker haben unendlich viel Kleingeld, das sie uns gerne wechseln. So renne ich von einem zum nächsten, bis ich die gefühlten 100 Münzen endlich beieinander habe. Ja so ein Waschtag will im Vorfeld gut geplant und vorbereitet sein.
Nun zum wichtigsten und zeitraubensten Punkt unserer Einkaufsliste: das Ladekabel für unseren MacBook Pro. Was macht man mit einem Laptop, wenn man ihn nicht mehr laden kann? Er ist unbrauchbar! So geschehen bereits Mitte Februar noch in Argentinien. Da man solche Apple-Ersatzteile wie z.B. ein neues Ladegerät in Argentinien nur ganz schwer, wenn überhaupt finden kann (nicht, dass wir es in der Weinstadt Mendoza nicht schon versucht hätten), konzentrieren wir uns darauf dieses Problem in den chilenischen Städten Coquimbo, bzw. La Serena zu beseitigen. Entweder finden wir hier ein neues Ladekabel für unseren alten Laptop oder wir müssen alternativ das kaputte Kabel reparieren lassen. Dies wird allerdings schwierig sein, da beim Ladegerät nicht einfach ein Kabel gebrochen ist. Es war eher so ein plötzliches lautes Zischen das einen verbrannten Geruch nach sich gezogen hat. Eine Reparatur könnte also schwierig werden. Deshalb starten wir unseren Run auf jedes Geschäft, das von aussen auch nur annähernd so aussieht, als könnte es ein Apple-Ladegerät an Lager haben. Egal ob in den grössten Einkaufszentren oder in den kleinsten Buden der städtischen Einkaufspassagen. Während unserem 3-tägigen Shopping-Aufenthalt in La Serena, lernen wir nun jeden Computer- und Telekommunikation-Laden kennen. Wieviele wir von innen gesehen haben, können wir heute nicht mehr nachvollziehen. Sogar der autorisierte Apple-Anbieter inmitten der stark frequentierten Fussgängerzone lässt uns hängen und zeigt uns nur ein enttäuschendes Kopfschütteln. In der Apple-Geräte verkaufenden Elektronikabteilung eines renommierten Einkaufszentrums (wo wir wenigstens eine passende Laptop-Hülle finden) bekommen wir die Empfehlung unser Kabel in der Stadt reparieren zu lassen und gleich noch die beste Adresse hierfür. Gesagt, getan, wir suchen diese Werkstatt auf. Es handelt sich um einen echten Bastelladen, der vom Fussboden bis unter die Decke vollgestopft ist mit neuer und defekter Elektronik. Um durch den Laden laufen zu können darf man nicht breiter als 50 cm sein, denn so schmal ist der noch nicht von Waren zugestellte Durchgang, der nach ganz hinten in die kleine Werkstatt des Mechanikers führt. Der freundliche Herr bestätigt uns, er könne das Gerät innert weniger Stunden reparieren. Wir können es am Folgetag abholen. Wir wissen nicht, ob wir uns freuen sollen, denn wir glauben der Elektriker unterschätzt den Defekt. Am nächsten Tag bestätigt sich unsere Befürchtung, der Mann hat nur eine kleine Bruchstelle am Kabel selbst, aber nicht das Ladegerät reparieren können. Also verlassen wir frustriert diesen Bastelladen und klappern weitere Elektrogeschäfte auf der Suche nach einem Apple-Ladegerät im Zentrum der Stadt ab. In einem Gebäude namens „caracol“, wo wir unser Glück in weiteren 3 Elektronikgeschäften versuchen, bekommen wir einen heissen Tipp. Südöstlich des Stadtzentrums ca. 4 Kilometer von hier, gäbe es inmitten eines Wohnquartiers einen kleinen Laden, der Apple-Produkte verkauft und sogar einen gewissen Service anbietet. Das ist unsere allerletzte Chance, die wir unbedingt wahrnehmen wollen. Wir fahren zu diesem Mini-Laden der sich iStore nennt und sich inmitten (wie es uns scheint) besseren Viertel der Stadt La Serena befindet und lernen dort Pancho kennen. Pancho (der mit richtigem Namen eigentlich Francisco heisst) nimmt sogleich unseren Laptop in Empfang, steckt ihn an die Steckdose und lässt ein Kontrollprogramm drüber laufen. Seine Diagnose: der PC ist in Ordnung. Wow, da sind wir schon mal froh. Denn es hätte ja sein können, dass die Ladeeinheit im Gerät selbst auch einen Schaden davon getragen hat. Wir atmen auf. Pancho scheint ein echter Fachmann zu sein, aber helfen kann er uns erstmal nicht. Unser Ladekabel ist alte Generation und die hat er nicht verfügbar. Wir sind am Boden zerstört und bitten Pancho verzweifelt uns zu helfen. Er telefoniert für uns, kontaktiert Freunde und Bekannte und sucht im Internet nach Möglichkeiten. Tatsächlich findet der zuvorkommende junge Herr einen Anbieter in der Stadt La Serena, der das Kabel verkauft. Wir fassen es nicht, es handelt sich um den Apple-Anbieter in der Fussgängerzone, bei dem wir vor 2 Tagen schon nachgefragt haben (genau gesagt, waren wir in unserer ausweglosen Situation schon 2 x in diesem Geschäft). Pancho erklärt uns, er müsse das Ladegerät jetzt sofort per Internet bestellen und auch gleich bezahlen, sonst sei nicht gewährleistet, dass wir es auch wirklich bekommen. Wir bitten ihn dies zu tun und so bestellt Francisco (wie er ja wirklich heisst) auf seinen Namen und zu seinen Lasten, das Ladegerät in diesem Apple-Store zur Abholung. Da wir zu wenig Bargeld dabei haben möchten wir ihm seine Auslagen gerne in elektronischer Form zurückzahlen. Pancho winkt ab. Das sei schon gut. Es sei ja noch nicht mal sicher ob wir das Ladegerät auch wirklich ausgehändigt bekommen. Er sagt wir sollen jetzt ganz schnell zum Laden fahren und uns darum kümmern, dass wir dieses Ladegerät auch erhalten. Das Geld spiele keine Rolle und er würde uns diesen Gefallen gerne schenken. Jan und ich schauen uns an und können es nicht glauben. Sollen wir jetzt wirklich dieses Angebot annehmen? Wir insistieren und möchten jetzt unbedingt unsere Schulden bei ihm begleichen, aber Pancho verweigert und möchte, dass wir jetzt so schnell als möglich unser neues Kabel abholen. Okay, wir müssen das jetzt so akzeptieren. Uns bleibt wohl nichts anderes übrig. Wir bedanken uns tausendmal bei Pancho und versprechen ihm, ihn auf dem Laufenden zu halten ob die Bestellung und die Abholung geklappt hat. Er freut sich mit und verabschiedet uns. Auf direktem Weg geht es jetzt für uns wieder in das Getümmel im Herzen der aufgeweckten Stadt La Serena. Mit dem Ausdruck der Bestellbestätigung stürmen wir in den Laden und ziehen erstmal eine Nummer (Anmerkung: in Südamerika muss man häufig eine Nummer ziehen, damit man in der richtigen Reihenfolge dran kommt. Diese Nummern gibts z.B. beim Metzger, beim Bäcker, am Info-Stand eines Supermarktes und eben auch im ganz normalen Einzelhandel). Also warten wir erst mal bis wir an der Reihe sind. Jetzt kommen wir dran. Aufgeregt halten wir dem Herrn am Service-Schalter unsere Bestellbestätigung vor die Nase. Wir zittern... 3... 2... 1... JAAA, es hat geklappt. Die Bestellung ist reingekommen und das Ladegerät vorrätig. Yippieh! Aber das Geld ist noch nicht da. Wir bitten den Herrn dies zu kontrollieren. Er leitet unsere Bitte an die Kasse weiter, welche die Bankzahlungen abgleicht. Es dauert etwa 20 Minuten bis wir den positiven Bescheid bekommen. Die Zahlung ist eingegangen und das Ladegerät wird bereits aus dem Lager geholt. Wir können es echt nicht fassen. Wie konnten uns nur 2 Tage zuvor die Herren in diesem Laden unverrichteter Dinge wieder wegschicken? Wollten die uns Nichts verkaufen oder haben die das Gerät tatsächlich nicht an Lager gehabt? Wir wissen es nicht und um ehrlich zu sein, in diesem Moment der Freude war es uns auch sch...egal! Wir können dank Pancho aus dem kleinen iStore in La Serena endlich wieder unseren Laptop benutzen.
Und das macht Francisco Vergara (wie er mit vollem Namen heisst)
zu unserem Chilenischen Held des Monats März.
Pancho, wir danken Dir, wir stehen tief in Deiner Schuld.
Es ist Sonntag - in Huasco versuchen die Leute ihr Glück beim Angeln
Nach diesem ganzen aufregenden Heckmeck in der grossen Stadt, wollen wir uns nun ein paar Tage am Meer entspannen. Entlang der Pazifikküste fahren wir langsam in Richtung Norden und machen an schönen Plätzen Halt. So nehmen wir uns für die Fahrt von La Serena ins etwa 300 Kilometer entfernte Copiapó 4 Tage Zeit.
Ein paar wenige Fischer sind trotzdem an der Verarbeitung des Tagesfang
Ein paar wenige Fischer sind trotz Sonntag an der Verarbeitung des Tagesfangs
Wir geniessen den Strand mit einem Asado.
Man beachte das Wetter: der berühmte Humboldtstrom schickt uns beinah jeden Morgen Nebel, der sich teilweise den ganzen Tag hartnäckig über uns hält. 20 Km landeinwärts ist dieser Nebel weg und die Lufttemperatur 10° bis 20° wärmer.
Dieses Jahr hat es zu viele Algen, die Verkaufspreise seien stark gefallen …
Aufgrund der Unruhen in Chile, die bereits seit Herbst 2019 anhalten bemerken wir, dass in sämtlichen grösseren Städten die wir durchfahren viele Schaufenster verbarrikadiert und Türen geschlossen sind. So sind z.B. ganze Ladenpassagen der lebhaften Innenstadt La Serenas während der eigentlichen Öffnungszeiten mit Gittern verschlossen. Demonstrationen, die sich meist während der Mittagszeit oder Abends zutragen, verlaufen mitten durch die Innenstadt und häufig mit Gewalt. Die Demonstranten werfen Fenster ein und machen viel kaputt. Dies haben wir ebenfalls bei Mercedes Kaufmann in der Stadt Copiapó festgestellt. Ganze Fensterfronten wurden am Geschäftsgebäude zerstört und sind nun mit Spanplatten notdürftig repariert, bzw. noch nicht kaputte Fenster werden mit den Spanplatten vor weiteren Anschlägen geschützt.
Do
12.3.
Für den Kauf von Ersatzteilen sind wir von Argentinien nach Chile gereist und haben heute um 09:00 Uhr einen Termin bei Mercedes Kaufmann in Copiapó zum Auswechseln der Stossdämpfer. Abends publizieren wir unseren Februar-Reisebericht an einer Tankstelle ausserhalb der Stadt Copiapó, wo wir auch übernachten. Dabei laden wir uns aus dem WorldWideWeb die neuesten Nachrichten runter.
Zur Übernachtung fliehen wir aus der Stadt Copiapó - rund 20 Km ausserhalb ist man bereits wieder in der Atacama-Wüste, wohl umringt von den vielen Minen
Fr
13.3.
Am Morgen starten wir unsere geplante Tour von Copiapó in Richtung Norden mit Besuch von Stränden und Sehenswürdigkeiten. Anschliessend möchten wir irgendwann die Grenze nach Argentinien über den Paso San Francisco überqueren. Bis zu diesem Freitagmorgen war für uns das Thema Coronavirus stark auf die USA und auf Europa fokussiert. Jetzt fangen wir an, die am Vorabend runtergeladenen Nachrichten aus dem Internet zu lesen. Uns wird bewusst, dass COVID-19 auch in Südamerika zum Thema werden wird. Wir lesen jetzt über erste Corona-Fälle in Chile und Argentinien. Aus dem Bauch entscheiden wir, sofort nach Argentinien zurück zu reisen. Jedoch relativieren wir für uns die Dringlichkeit und besuchen heute noch den schönen Nationalpark Pan de Azúcar, der auf unserer Strecke liegt.
Traumhafte Landschaften inmitten vieler alter Lavaströme mit blendend weissen Sandstränden (wenn da nur nicht der Nebel wäre …)
Sa
14.3.
Über das Hinterland starten wir in Richtung Grenze Argentinien. Die Fahrt führt uns durch herrliche Landschaften und über nicht befestigte Strassen. Nach dem Aufstieg von 0 auf 3‘000 Höhenmeter sind wir der Meinung, dass unser Körper Ruhe braucht für die anstehende Nacht und die anschliessende Weiterfahrt in Richtung Paso San Francisco über die Höhe von 4‘750 Meter. Aus gesundheitlicher Sicht definitiv ein vernünftiger Entscheid.
Links: würde ich auf dieser Ebene
100 Meter rückwärts laufen,
täte ich einige 100 Meter tief fallen.
Also bitte keine Autorennen veranstalten!
So
15.3.
Tag 1
1´050 km
Nacht-fahrt ohne Unter-brechung
Für unsere Geschichte stellen wir jetzt unseren Kilometer-Stand auf Null. Ab jetzt läuft eine imaginäre Stoppuhr. Es ist 11:00 Uhr, die Sonne hat uns und unseren Indi erwärmt. Wir lassen unsere Drohne Maja noch eine Runde über den Schlafplatz fliegen. Beachte: wir haben kein Telefonsignal und kein Internet. Zur Mittagszeit starten wir unsere heutige Fahrt zum Grenzübergang. Wir nehmen es gemütlich, geniessen die wunderbare Landschaft (u. a. den Salar de Pedernales) und kommen etwa um 15:00 Uhr an der Migrations- und Zollstation von Chile an, welche auf einer Höhe von ca. 3‘780 Metern liegt. Es ist gespenstisch ruhig. Wir werden informiert, dass Argentinien an diesem Grenzübergang schwere Kontrollen durchführt und sich bereits erste Personen nach der Einreise in Quarantäne begeben mussten. Der Grund: in der Stadt Copiapó/Chile gab es den ersten Corona-Fall. Wir diskutieren was zu machen ist. Im selben Moment bekommt der chilenische Grenzer die Meldung, Argentinien hat die Grenze am Paso San Francisco gänzlich geschlossen. Weiter erhalten wir die Information, dass andere Grenzstellen (wie z. B. der Paso de Jama) noch offen seien. Aufgrund der Schliessung auf argentinischer Seite, schliesst nun auch Chile den Paso San Francisco. Somit ist uns die Entscheidung abgenommen. Jetzt klingelt’s bei uns im Stüble und uns wird bewusst, es besteht für uns allerhöchste Dringlichkeit noch einen offenen Grenzübertritt nach Argentinien zu schaffen. Beachte wiederum: wir haben auch hier keinen Empfang zu einem Telefonnetz, bzw. zum Internet. Wir entscheiden
Dies bedeutet für uns die ganze Strecke auf den unbefestigten Strassen zurück runter ans Meer zu fahren, die bevorstehenden Nachtstunden komplett für die Fahrt zu nutzen und uns somit keinen Schlaf zu gönnen und wiederum einen Höhenunterschied zum Paso de Jama von 4‘880 Metern zu machen. Die bevorstehende Strecke misst 1‘050 Kilometer. Wir sind zuversichtlich diesen Grenzübergang im Morgengrauen zu erreichen.
Mo
16.3.
Tag 2
bereits
1´500 km
40 Std. ohne Schlaf
00:00 Uhr => wir befinden uns auf der Autobahn bereits in der Region Antofagasta. Der Weg führt uns über die Minenstadt Calama nach San Pedro de Atacama. Mit dieser Nachtfahrt brechen wir eines unserer selbst auferlegten Gesetze: Niemals fahren wir bei Nacht! Wir stellen aber fest, so eine Nachtfahrt kann auch sehr interessant sein. Wir sehen viele Lichter. Entweder kilometerweit belichtete Abbauflächen von Minengesell-schaften oder unzählige ideenreich beleuchtete Gedenkstätten entlang der Strasse, meist ein Kreuz oder Altar. Ausserdem fahren wir an zwei Parque eólico vorbei, wo Zig rot im Takt blinkende Windräder stehen. Was wir nicht sehen, die herrliche Landschaft die wir durchfahren. Tausende Touristen pilgern nach San Pedro de Atacama.
Wir machen hier nur einen Tankstopp und fragen um 04:00 Uhr die patrouillierende Polizei, ob der rund 160 Kilometer entfernte Grenzübergang nach Argentinien offen sei. Dies wird bejaht und wir sind schon wieder weg. Um 06:45 Uhr erreichen wir die Grenze. Inzwischen sind wir 15 Stunden non Stopp unterwegs. An der Grenze steht nur ein Fahrzeug vor uns, welches auf die Öffnung um 08:00 Uhr wartet. Es handelt sich um einen international verkehrenden Reisebus. Mit dem Chauffeur nehmen wir Kontakt auf, er zeigt uns auf seinem Handy die Information, dass ab heute keine Ausländer mehr nach Argentinien einreisen dürfen (er habe damit ein Problem, da er Peruaner an Bord hätte). Wir sind geschockt.
Es folgen Diskussionen mit den argentinischen Grenzwärtern. Wir werden abgewiesen. Hartnäckigkeit unsererseits führt dazu, dass ein höhergestellter Polizeioffizier am Schlagbaum erscheint. Wir erklären unsere Situation nochmals sowie unsere Bereitschaft freiwillig eine 14-Tage dauernde Quarantäne anzutreten. Das scheint geholfen zu haben. Denn wir dürfen den Schlagbaum passieren und zum Grenzgebäude vorfahren. Es folgt eine weitere Befragung zu unserer Situation. Danach werden wir vorgelassen zur Abwicklung der Ausreise aus Chile, sowie Einreise nach Argentinien. Mittels Fiebermessung und Befragung zu unserem aktuellen Befinden, wird uns die Gesundheit bestätigt. Das Thema „Quarantäne“ wird mit keinem Wort mehr erwähnt. Mittlerweile ist es etwa 10:00 Uhr. Wir sind in Argentinien HURRA, klatschen uns ab und sind einfach nur glücklich in unserem Wunschland zu sein.
Wir sind müde, aber immer noch auf einer Höhe von 4‘100 Meter. Für eine angenehme Bettruhe, bzw. um uns tüchtig ausruhen zu können, fahren wir gerne weiter in Richtung Tiefland. Das 250 Kilometer entfernte und etwa 2‘000 Höhenmeter tiefer gelegene Purmamarca ist unsere nächste Station. Dort angekommen stellen wir fest keinen angenehmen Stellplatz zu finden, auf dem wir ungestört die Nacht verbringen können. Deshalb beissen wir auf die Zähne und fahren nach einer kurzen Pause mit wenigstens 2 Stündchen Schlaf, 185 Kilometer weiter in die Stadt Salta. Dort kennen wir einen tollen Campingplatz und erhoffen uns hier ungestört den dringend benötigten Schlaf nachholen zu können. Um 17:15 Uhr erreichen wir den sehnlichst gewünschten Platz, aber er ist (wie auch alle anderen öffentlichen Einrichtungen der Stadt) geschlossen. Wir sind am Boden zerstört. Niedergeschlagen fragen wir den Camping-Wart was zu tun ist. Er schickt uns für die Nacht ins Stadtzentrum, wo er bereits andere Overlander hingeschickt hat. Tatsächlich finden wir an der Plaza San Martín uns wohlbekannte Overlander. Wir (5 Parteien) tauschen uns aus und analysieren unsere Situation, die sich wie folgt darstellt:
Unser Krisenplan: Morgen früh füllen wir unsere Vorräte auf und verlassen die Stadt um uns für einen längeren Zeitraum einen Platz auf dem Land zu suchen. Es ist bereits 00:30 Uhr als wir uns schlafen legen.
Fazit: wir waren nun knapp 40 Stunden auf den Beinen, haben 1‘500 Kilometer gemacht und merken, dass wir dem Massnahmen-Katalog Argentiniens immer noch einen Schritt hinterher hinken.
Di
17.3.
Tag 3
Gross-Einkauf
Ziel:
14 Tage autark
Tagwache um 06:30 Uhr. Sechs Stunden Schlaf müssen genügen. Folgende Tätigkeiten sind dringend zu erledigen: Lebensmittel einkaufen, bzw. Vorräte auffüllen, Geld wechseln, eine argentinische Telefonkarte mit Internetzugang organisieren und die Diesel- und Wassertanks unseres Indi‘s füllen. Ziel: wir wollen für 14 Tage selbst versorgt sein. Eine Angst die uns heute ständig begleitet: eine Sperrung der Stadt Salta, während wir uns noch darin befinden.
Nebst dem ganzen Stress erleben wir aber auch Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft. So geschieht es uns, als wir einen Bediensteten im Café fragen wo wir Geld wechseln können, dass er uns sein ganzes eingenommenes Trinkgeld anbietet, damit wir ohne argentinische Pesos nicht in Not geraten. Wir sind gerührt von dieser selbstlosen Hilfe, lehnen das Angebot aber dankbar ab.
Unsere Erledigungen dauern ihre Zeit und wir sind froh die Stadt Salta am frühen Nachmittag verlassen zu können. In der Gruppe haben wir uns darauf geeinigt, zwei verschiedene Orte anzusteuern und uns gegenseitig auf dem Laufenden zu halten. D. h. der grosse Teil unserer Gruppe bewegt sich nach Cafayate, während Jan und ich unser Glück im Bergdorf Cachi versuchen wollen. So machen wir uns auf den Weg und steuern direkt einen uns bekannten 65 Kilometer entfernten Übernachtungsplatz an der Strecke an, um am nächsten Morgen einen grösseren Passanstieg angehen zu können.
Resümee: Wir haben bereits Tag Nr. 3 seitdem wir am geschlossenen Paso San Francisco losgefahren sind.
Mi
18.3.
Tag 4
7 Strassen-Sperren
Quaran-täne un-wichtig
Keine Mahl-
zeit
Bett-
ruhe 01:30
Wir stehen auf und sind guten Mutes heute endlich einen Platz oder eine Bleibe zu finden, in der wir uns erstmal ausruhen und dann für die nächsten Wochen fix installieren können. Erstens kommt es meistens anders und zweitens als man denkt... aber jetzt fahren wir erst mal den Pass in Richtung Cachi rauf. Wir befinden uns auf einer spannenden Passstrasse die uns heute bereits zum dritten Mal (aber zum ersten Mal ohne Nebel) durch die herrliche Landschaft führt.
Oben angekommen sperren Menschen mit Schutzmasken im Gesicht die Strasse ab. Cachi wird von der Aussenwelt abgeriegelt. Wieso und warum bleibt uns ein Rätsel. Die zuständigen Personen empfehlen uns einen Platz in einem Dorf in Richtung Cafayate zu suchen. Wir kehren also um und fahren gezwungenermassen nun zum vierten Mal diese schöne Passstrasse. Unten angekommen werden wir von zwei erstaunten Polizisten mit der Frage empfangen „Wo kommt Ihr denn jetzt her?“ und dem obligatorischen „Pasaporte por favor!“. Währenddessen diese Polizisten ihre Abklärungen treffen, bekommen wir per WhatsApp Kontakt zur anderen Overlander-Gruppe, welche mit Müh und Not von der Polizei in Cafayate einen Stellplatz zugewiesen bekommen hat. Für uns nun klar, da fahren wir ebenfalls hin. Aber durch die Herren Polizisten wird uns erklärt, Jan und ich müssten uns eigentlich in einer 14-tägigen Quarantäne befinden. Wir äussern unseren Wunsch nach Cafayate zu fahren welcher uns dann auch stattgegeben wird. Man scheint hier kulant mit der Quarantäne umzugehen. Aber im Nachhinein vermuten wir ging es nur darum, uns schnellst möglich los zu werden.
Auf der Weiterfahrt passieren wir weitere 3 Kontrollen, jeweils mit dem obligatorischen „Pasaporte por favor!“. Jedes Mal erklären uns die Polizisten wir dürfen uns nicht auf der Strasse aufhalten. Jedes Mal fragen wir zurück, ob sie einen Stellplatz für uns hätten, bzw. wo wir bleiben dürfen. Jedes Mal lautet die Antwort „Hier nicht, Sie müssen weiterfahren!“. Anstelle uns in Quarantäne zu schicken, lässt man uns lieber als potentielle Gefahr für die Bevölkerung weiterreisen. Bis wir am Vorposten zur Stadt Cafayate landen. Dieselben Fragen, die selben Diskussionen. Zudem wird kategorisch bestritten, dass sich unsere Reisekollegen tatsächlich auf dem hiesigen Campingplatz aufhalten.
Es gelingt uns zur Eingangskontrolle der Kleinstadt Cafayate vorzudringen. Diesmal lassen wir uns nicht abwimmeln und beschliessen wenn nötig einen Sitzstreik auszuharren (wir bleiben!). Es kommt so weit, dass wir uns den Aufforderungen und Befehlen der Polizei weiter zu fahren widersetzen. Bis zu diesem Punkt ist bereits 1 Stunde diskutiert worden.
Jetzt kommt für uns ein Krankenwagen mit dem zuständigen Arzt auf den Platz. Wieder wird unsere Körpertemperatur gemessen. Durch den Einsatz des Arztes dreht sich die Situation langsam zu unseren Gunsten. Obwohl die Stadt Cafayate für jegliche neue Besucher gesperrt ist, beschafft uns der Arzt eine private Unterkunft um die uns fehlende Quarantäne durchzuführen. Jetzt verstehen wir auch endlich, warum wir nicht zu unseren Reise-Kollegen auf den Campingplatz dürfen. Die Quarantäne-Regelung gilt seit Einreise nach Argentinien am 14. März. Unsere Kollegen sind schon länger in Argentinien, aber wir sind erst am 16. eingereist, deshalb diese Trennung.
Mittlerweile 3 Stunden später freuen wir uns auf die Quarantäne-Unterkunft. Just in diesem Moment, als wir schon alles unterschrieben hatten, taucht die zivile Gemeindekommission auf. Diese gibt ein klares „NEIN“ durch. Sie wollen keine Ausnahmen und keine neuen Ausländer in ihrem Ort. Man versichert uns wir würden einen Platz zum Bleiben in der südlich gelegenen Provinz Tucumán finden. Fahren wir nicht weiter und verlassen Cafayate, müssten wir sofort ins Gefängnis. Wir denken tatsächlich länger über dieses Angebot nach, entscheiden uns dann aber doch für die Weiterfahrt mit der Hoffnung, in Tucumán würde uns geholfen.
Es ist bereits Nacht als wir inmitten einer Polizei-Eskorte durch die Stadt Cafayate fahren. Wir werden bis zur Provinz-Grenze begleitet. Die Quarantäne ist nach wie vor sekundär. Hauptsache wir sind weg und somit weiterhin eine potenzielle Gefahr als mögliche Virusträger. Da haben sich die Leute aus der Provinz Salta aber schön getäuscht.
Los haben die uns noch lange nicht, denn die Provinz Tucumán hat ihre Grenzen bereits geschlossen und lässt niemanden mehr rein. Nach wiederum 2-stündigen Diskussionen an deren Grenze müssen wir umkehren und fahren zur Polizeistation der Provinz Salta zurück. Es wird uns gestattet hier zu übernachten. Da wir seid dem Frühstück noch Nichts in den Magen bekommen haben machen wir erst mal Brotzeit um dann um 01:30 Uhr todmüde ins Bett zu fallen.
Do
19.3.
Tag 5
bereits
2´150 Km
Lösungen welche unwahr sind
Belén/
Catamarca ist unsere Bleibe
Wir wachen auf (wiederum immer noch nicht in der per Dekret wichtigen Quarantäne) und wissen nicht was mit uns heute passieren wird. Unsere Vermutung: wir müssen in die Provinz-Hauptstadt Salta zurückfahren, was für uns (weil zu gefährlich) eine Horrorvorstellung ist. Ein Wunder kommt immer unerwartet, aber jetzt kommt‘s. Wir werden informiert, man will für uns heute eine Lösung finden.
Auf die Idee eine Lösung zu finden sind wir tatsächlich auch schon gekommen. Wir haben per WhatsApp bereits einige Freunde und Bekannte gebeten alle Hebel in Gang zu setzen und uns zu helfen. Manche Reisefreunde schicken uns Adressen von privaten Campingplätzen in den umliegenden Provinzen. Liebe Bekannte aus Paraguay suchen für uns per Funk nach einer Alternative. Gute Freunde aus der Schweiz aktivieren ihr privates Netzwerk in Argentinien.
Hier auf dem Platz erscheinen plötzlich hohe Beamte. Nach weiteren 2 Stunden bekommen wir eine für uns mysteriöse Meldung: der Chef der regionalen Drogenpolizei (Provinz Salta), ist persönlich durch die Provinz Tucumán gefahren, um in der nächst südlicher gelegenen Provinz Catamarca für uns einen Campingplatz zu finden. Und zwar den Camping Municipal in Santa María, der eigentlich aufgrund der aktuellen Gefahrensituation offiziell geschlossen sein sollte. Auf unserer nun sehr gerunzelten Stirn, kann man die Fragezeichen jetzt förmlich stehen sehen. Wir sagen „Nein“, das ist für uns zu viel Risiko. Wir bleiben da.
Nach der 3. Aufforderung jedoch, uns nun endlich in Richtung Catamarca aufzumachen, werden wir nachdenklich. Scheint es wirklich wahr zu sein? Wartet in Santa María der ersehnte Platz auf uns? Wir bestehen darauf bis dorthin begleitet zu werden, denn nur dann willigen wir ein die Provinz Salta zu verlassen. Unserer Aufforderung zur Begleitung wird stattgegeben, denn schliesslich wollen uns die Leute ja helfen. Also fahren wir nun zum zweiten Mal (jetzt allerdings mit polizeilicher Begleitung) an die Provinzgrenze nach Tucumán, wo wir am Vorabend abgewiesen worden sind.
Es hat sich in der Zwischenzeit Nichts geändert. Die wollen uns nicht. Provinz Salta, die uns los haben will, contra Provinz Tucumán, die uns nicht durchlassen möchte. Wegen uns diskutieren hier Majoren, Polizisten, Drogenpolizei-Chefs beider Provinzen und es vergehen wieder 3 Stunden. Uns wird langsam klar, dass die Versprechungen für einen sicheren Platz, bzw. die Zusage uns zu helfen sich in Luft auflöst. Die Anzahl der hohen Herren werden immer weniger und unsere Eskorte dreht uns den Rücken zu und lässt uns einfach hängen.
Die können was erleben, wir drehen in Richtung Salta um und wollen zurück nach Cafayate, wo uns die Menschen bereits kennen. Im Niemandsland zwischen den beiden Provinzgrenzen bei einer Pinkelpause holt uns ein Polizei-Auto aus Tucumán ein und der hochdekorierte Offizier erklärt uns, wir dürfen jetzt durch Tucumán in die Provinz Catamarca durchfahren. Dieses Angebot gilt nur jetzt. Wir müssen uns jetzt entscheiden. Was sollen wir tun? Zurück nach Salta und warten was geschieht oder südwärts ins Unbekannte fahren. Der Polizei-Offizier empfiehlt uns den Süden, macht uns aber klar, dass nur eine Durchfahrt durch Tucumán gewährt wird. Wir entscheiden uns für den Süden mit der Hoffnung uns aus der Umklammerung der gesperrten Provinzen lösen zu können.
Wir folgen ihnen und so erreichen wir eskortiert die Provinz Catamarca. Es kommt wie von uns vermutet. Es gibt da in dem Ort Santa María keinen für uns offenen Campingplatz. Das Positive, die Weiterfahrt durch die Provinz Catamarca wird uns nicht verweigert. Wir bekommen wieder eine Eskorte bis zur südlich gelegenen Stadt Belen. Dem südlichsten Ort von Catamarca. Auch wird uns bestätigt, dass die anschliessende Provinz La Rioja noch keinerlei Strassensperren hat und wir somit freie Fahrt hätten.
Dies scheint die Lösung für uns zu sein und so fahren wir wiederum eskortiert weitere 175 Kilometer. Auf dem Weg passieren wir wieder Polizeikontrollen mit Fiebermessen und Reifendesinfektion (warum auch immer). Durch die Stadt Belén eskortiert uns die Defensa Civil (Zivilschutz) und diese verspricht uns, die Polizei der Stadt Belén könne und wird uns helfen. Südlich der Stadt bekommen wir folgende zwei Informationen:
Unterdessen haben für uns unsere Freunde aus der Schweiz sogar einen optimalen Platz in der Stadt San Luis gefunden. Dies bedeutet aber mehrere Provinzgrenzen überschreiten zu müssen und das ist jetzt überhaupt nicht mehr möglich.
Nun stehen wir da und fragen uns wohin? Wieder beginnen wir einen Sitzstreik und diskutieren mit der „Defensa Civil“, die uns bis hierher begleitet hat. Da kommt das nächste Wunder, aber wir trauen ihm noch nicht. Der Mann der Defensa Civil schafft es innerhalb von 30 Minuten per Telefon für uns den örtlichen Campingplatz öffnen zu lassen und uns dort unter Quarantäne zu stellen. Wir trauen unseren Ohren nicht. Wird dieses Wunder tatsächlich wahr? Um 20:15 Uhr stellen wir den Motor ab und installieren uns endlich für die nächste Zeit. Aufgrund mangelnder Kommunikation innerhalb der Behörden, werden wir Nachts noch 2 Mal von der Polizei und einem Arzt geweckt und bekommen am Morgen nochmal Besuch von ungläubigen Gemeindemitgliedern, aber es bleibt wie versprochen. Wir dürfen hier unsere Quarantäne absitzen. Für uns heisst das nun, wir haben unseren privaten Campingplatz, mit täglicher persönlicher medizinischer Betreuung. Ausserdem full Service, was bedeutet wenn wir was brauchen, wird es besorgt. Übernachtung und Betreuung kostenlos. Was wollen wir mehr? Denn wir dürfen bis auf weiteres diesen Platz nicht verlassen. Ausserdem hat die argentinische Bevölkerung seit dem 20. März für 14 Tage Ausgangssperre, was unserer Quarantäne gleich kommt.
Nachdem es uns die Provinzen Salta und Tucumán so schwer gemacht haben und uns einfach nur abschieben wollten, fühlen wir uns jetzt in Catamarca sehr gut aufgehoben.
Der Lock-Down in Argentinien kam schnell und konsequent, ohne grosse Vorankündigung. Und dies nicht nur für uns als Reisende, sondern auch für sämtliche Beamten. Er verursachte in den ersten Tagen ein heilloses Durcheinander. Gemeinden ergriffen teilweise unkoordinierte Eigeninitiativen und alles war mit grosser Angst begleitet. Wir Ausländer waren einer der Auslöser dieser Angst.
Unsere Fahrt von Chile nach Argentinien und die Suche nach einer Bleibe dauerte 5 Tage. Wir sind während dieser Zeit 2´150 Kilometer gefahren. Die Anzahl Stunden der Diskussionen mit Polizei und Behörden ist für uns nicht fassbar. Unser Körper und Geist sehnt sich nach dieser Tortur nach Ruhe. Wir sind dankbar für die Quarantäne.
Wir sind jetzt gerade mal 220 Km Luftdistanz oder 520 Km Fahrtweg zur Grenzkontrolle Chile am Paso San Francisco entfernt, dort wo Alles begann.
Wir bedanken uns bei all unseren Helfern
Während der ganzen Irrfahrt durften wir auch Hilfe erfahren. Unsere Freunde und gute Reisekollegen sowohl in Südamerika, als auch in Europa standen uns stets zur Seite. Insbesondere Señor Emilio, der Chef des Zivilschutz des Dorfes Belén zeigte Zivilcourage, indem er über alle Beamten hinweg entschieden hat sich für uns einzusetzen und einen Stellplatz zu organisieren. Auch beim Arzt in Cafayate wollen wir uns bedanken, der die Menschlichkeit über das Dekret stellte und für uns einen Quarantäneplatz aufgetrieben hatte.
Da merkt man wie wertvoll Freunde und hilfsbereite Menschen sind.
Vielen Dank Euch Allen!
Definition Quarantäne: vorübergehende Isolierung von Personen, Tieren, die von einer ansteckenden Krankheit befallen sind oder bei denen Verdacht darauf besteht (als Schutzmassnahme gegen eine Verbreitung der Krankheit).
Da wir am 16.3. aus dem Risikoland Chile nach Argentinien eingereist sind, besteht der Verdacht, dass wir potentielle Sars-CoV-2-Träger sind und deshalb muss man andere Personen vor uns schützen. Während dieser Zeit, die für uns bis zum 30.3. dauert, werden wir auf unserem einsamen Campingplatz 3 Kilometer nördlich des Städtchens Belén beinah täglich von medizinischen Fachpersonen zu unserem aktuellen Gesundheitszustand befragt und man misst unsere Körpertemperatur. Da wir den uns zugewiesenen Quarantäneplatz nicht verlassen dürfen, kommt regelmässig Emilio vom Zivilschutz vorbei und fragt ob es uns an etwas fehlt. Aber wir sind mit allem reichlich eingedeckt und können uns gut selbst versorgen. Wir vertreiben uns die Zeit mit längst fälligen Reparaturen am Indi und mit Nachrichten schreiben. Glücklicherweise empfangen wir ein schwaches Signal des Telefonanbieters „Claro“, von dem wir in Salta noch schnell eine SIM-Karte gekauft haben. Mittels WhatsApp und eMail haben wir wenigstens die Möglichkeit mit anderen gestrandeten Reisenden zu kommunizieren. Relativ schnell gibt es WhatsApp-Gruppen von Schweizern und Deutschen. Während die deutsche WhatsApp-Gruppe in Panik verfällt, verhält sich die Schweizer Gruppe eher ruhig und sachlich. Für uns sehr interessant zu erfahren, wie die verschiedenen Menschen in Notsituationen reagieren und über was sie sich Gedanken machen. Ein Psychologe hätte seine wahre Freude daran. Über die WhatsApp-Gruppen lernen wir andere Overlander kennen, die wie auch wir irgendwo in Argentinien festsitzen und nicht vor haben nach Europa zurückzukehren. Mit diesen Leuten tauschen wir uns aus und halten uns gegenseitig auf dem Laufenden. Das vertreibt dann auch das Gefühl der Einsamkeit.
mbo
Da abzusehen ist, dass sich die Ausgangssperre hier in Argentinien noch bis Mai fortsetzt, werden wir (wenn wir dürfen) weiterhin auf unserem privaten Campingplatz nördlich des Städtchens Belén stehen bleiben.
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